Wiens – oder Salzburgs – Innenstadt ist bald Venedig, was die Gefahr betrifft, von diszipliniert marschierenden Touristenkolonnen unter der Führung von Regenschirmhochhaltern an die Hausmauer gedrückt zu werden. Darauf machte sich Karl Kraus schon vor 100 Jahren einen Reim (in den "Letzten Tagen der Menschheit"):

A a a, der Fremde, der ist da.
Die stieren Zeiten sind vergangen,
Der Fremdenverkehr hat angefangen,
A a a, der Fremde, der ist da.

Was Kraus nicht vorauswissen konnte, ist die Durchseuchung der Wiener Innenstadt mit sogenannten E-Oldtimern, elektrogetriebenen Nachbauten von Autos von vor 100 Jahren, die mit furiosen zehn km/h den Fiakern Konkurrenz machen. Ein ganz kleines Bisserl sehr arg ist allerdings die zusammengequetschte, auf Spielzeugradeln montierte Bonsaiversion des goldenen "Imperialwagens" aus der Wagenburg.

Das Original stammt aus dem 18. Jahrhundert, ist fast sieben Meter lang und fast vier Meter hoch, mit goldenen Ornamenten überkrustet, wurde von sechs Schimmeln gezogen und nur vom Kaiserpaar beziehungsweise den Kronprinzen für Krönungen et cetera benutzt. Der Kitsch hatte etwas Majestätisches. Die Touristenversion von heute nur etwas Lächerliches.

Ist das die Zukunft unserer historischen Innenstädte? Falsche Perückenmozarts, falsche Krönungskutschen, falscher Historienschmarrn? (Hans Rauscher, 16.12.2019)