Die Charity-Veranstaltung seiner Gattin war für Heinz-Christian Strache die perfekte Gelegenheit, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen.

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Wer sich in Wien am dritten Adventsonntag durch die Menschentrauben auf dem Christkindlmarkt im Alten AKH kämpfte, bemerkte womöglich eine zierliche Almhütte im hinteren Teil eines Gasthauses. Grelles, vorweihnachtliches Licht strahlte aus diesem Holznachbau: Heinz-Christian Strache wurde dort vor den Scheinwerfern der Kameras zu seiner politischen Zukunft befragt. Den Vorsitz der "Allianz für Österreich" (DAÖ) wolle er nicht übernehmen, erstmals begebe er sich in Klausur, um in der ruhigen Zeit auch über sein Polit-Comeback nachzudenken. Dafür brauche er ein nachhaltigeres Projekt als die vor wenigen Tagen aus dem Boden gestampfte Abspalterpartei DAÖ, die drei Ex-FPÖ-Gemeinderäte ins Leben gerufen haben.

Eigentlich sollte es an diesem Adventsonntag nicht um die Politik der Zweibeiner gehen. Die ehemalige FPÖ-Tierschutzbeauftragte Philippa Strache lud zum "Pfötchenpunsch", einem Charity-Event, bei dem gegen freie Spende für Tierschutzorganisationen Punsch getrunken wird. Ein Blick auf die Facebook-Seite von Philippa Strache illustriert den hohen Stellenwert, den sie dieser alljährlichen Veranstaltung beimisst: Ihren Social-Media-Auftritt nutzt sie nahezu ausschließlich für die Bewerbung dieser vorweihnachtlichen Veranstaltung, die mittlerweile zum dritten Mal stattfand.

Das Idol Strache

Frau Strache war auch den ganzen Abend beschäftigt, sie kümmerte sich um den Ausschank des alkoholischen Punschs. Ihre Helferin, die den Trunk für die Kinder reichen sollte, hatte weniger zu tun. Die rund drei Dutzend Personen, die Straches Einladung gefolgt waren, waren großteils über fünfzig. Kritische Fragen zu ihrem Idol Strache hörten sie eher nicht gern. Da ist es nur logisch, dass sie von Tieren viel und von Journalisten wenig halten: "Die Linken vom ORF sind auch da", beklagte sich eine Dame, als sie eine Kamera der öffentlichen Fernsehanstalt samt rotem Mikrofon erblickte. "Immer wollen s' uns aushorchen, das kenn ich schon." Der bessere Sender sei Servus TV, dort gebe es schöne Naturdokus, empfahl sie, um dann hastig zu einem Selfie mit Strache weiterzueilen.

Dieser suhlte sich in der punschseligen Versammlung, als hätte es für ihn nie einen verhängnisvollen Abend unter Alkoholeinfluss gegeben. Immerhin: Die "b'soffene G'schicht" war diesmal keine billige Ausrede, sondern Mittel zum Zweck – dem Tierschutzprojekt seiner Ehefrau. Im Kreise seiner Anhänger musste Strache nicht zu den laufenden Ermittlungen gegen seine Person Stellung nehmen, hier legt man den Begriff Unschuldsvermutung exzessiv aus. Man vermutet nicht nur, man weiß, dass Strache unschuldig ist – beziehungsweise: sein muss. Daher bekommt auch die FPÖ ihr Fett ab. Ein Mann erzählte, er habe nach Straches Ausschluss seinen blauen Parteiausweis zerrissen und an FP-Generalsekretär Christian Hafenecker geschickt, um seinem Unmut Ausdruck zu verschaffen.

Philippa Strache, die eigentliche Protagonistin des Abends, nahm es gelassen, dass sich das Publikum vor allem für ihren Gatten interessierte. Schließlich verglich sie diesen nach Ibiza ohnehin gern mit einem "jungen Welpen", um seine Arglosigkeit im Gespräch mit der vermeintlichen Oligarchin zu rechtfertigen. Außerdem darf er ihr ruhig ein bisschen die Show stehlen, wenn es nur die Kassen füllt, meinte sie: "Ich sehe das positiv, durch seine Anwesenheit sind sehr viele Leute gekommen."

DAÖ-Trio vor Ort

Zu jenen, die wegen Herrn Strache dort waren, gesellten sich im Laufe des Abends Karl Baron, Klaus Handler und Dietrich Kops – also die drei Strache-Loyalisten, die sich vergangene Woche von der FPÖ losgesagt und einen eigenen Gemeinderatsklub in Wien gegründet hatten. Sie genossen ihre sprichwörtlichen 15 Minuten Berühmtheit – Karl Baron sprach bereitwillig in jede Kamera, die auf ihn gerichtet wurde. Dass Strache nicht Parteichef der DAÖ werden will, ficht ihn nicht an. Viel wichtiger wird schließlich die Position des Spitzenkandidaten bei der Wien-Wahl kommendes Jahr. Gerade Baron als alter Strache-Freund weiß, dass der jahrelange FPÖ-Chef sich die Gelegenheit eines Wahlkampfs in der Bundeshauptstadt nicht entgehen lassen wird.

Auch Frau Strache würde Baron gern in der DAÖ aktiv sehen. Sie sei ein "hervorragendes Zugpferd" beim Thema Tierschutz, fand Baron. Die solcherart Umworbene wollte sich an der Punschtheke von dieser Offerte vorerst nicht beeindrucken lassen: Sie habe über einen Beitritt zur DAÖ noch gar nicht nachgedacht. Das werde sich in den nächsten Monaten weisen.

An diesem Adventsonntag gehe es ihr nur darum, Spenden zu sammeln. Noch in der Nacht gab Strache via Facebook bekannt, dass sie einen Spendenrekord aufgestellt habe – 6.000 Euro seien für den guten Zweck zusammengekommen.

Wer von den paar Dutzend Teilnehmern so viel warmen Weihnachtspunsch getrunken hatte, war am Tag danach nicht mehr zu eruieren. Strache hatte aber schon am Vortag angekündigt, den Betrag aus eigener Tasche aufstocken zu wollen. (Theo Anders, Laurin Lorenz, 16.12.2019)