Irvine – Bei allen Prognosen zum Anstieg des Meeresspiegels spielt die Antarktis eine zentrale Rolle. Denn im gewaltigen Eisschild rund um den Südpol ist das meiste Wasser dieses Planeten in Form von Eis gebunkert. Um vorhersagen zu können, wie sehr der Klimawandel die Gletscher am Südpol gefährdet, sind nicht nur die Temperaturen entscheidend. Das Abfließen der Gletschermassen in die umliegenden Meere hängt auch vom Gelände tief unter dem Eis ab.

Ein riesiges Forscherteam um Mathieu Morlighem von der University of California in Irvine hat nun eine neue Karte der antarktischen Landschaft unter dem Eis erstellt, die einige Überraschungen offenbart – und zwei Weltrekorde.

Die neue topografische Karte der Antarktis zeigt einen sehr abwechslungsreichen Untergrund. Die tiefste Stelle ist auf dieser Karte in der Region rechts oben.
Grafik: Mathieu Morlighem, University of California in Irvine (UCI) et al.

Kombination von Methoden

Das Projekt der Wissenschafter nennt sich "Bedmachine Antarctica" und ermittelt mittels Radardaten, Schwerefeldmessungen und seismologischer Daten die Topografie des antarktischen Untergrunds in einer bislang nicht gekannten Detailgetreue. Zudem ermittelten die Forscher, wie viel Gletschermasse von vermuteten Schluchten "verschluckt" wurde, um daraus zu schließen, wie tief die Canyons unter dem Eis sind.

Die neuen Daten der Topografie der Antarktis weichen um bis zu 1.000 Meter Tiefe von den bisherigen Karten ab. Unter dem Denman-Gletscher in der Ostantarktis geht es nach den neuesten Analysen besonders tief hinunter.

Der Canyon unter dem Denman-Gletscher ist 3.500 Meter tief.
Grafik: Bedmachine/UCI/BAS

Dieser Canyon reicht 3.500 Meter nach unten und bildet damit den bislang tiefsten Punkt der Erde an Land. Die "sichtbaren" Rekordhalter sind der Grand Canyon in den USA, der 1.800 Meter tief ist, sowie die Tara-Schlucht in Montenegro mit immerhin 1.300 Meter Tiefe. Der Grund dieser antarktischen Schlucht liegt damit auch sehr viel tiefer als das Tote Meer, das sich 420 Meter unter dem Meeresspiegel befindet.

Science Magazine

Beschleunigter Abfluss

In Sachen Gletscherabfluss liefern die Analysen, die im Fachblatt "Nature Geoscience" publiziert wurden, gute und schlechte Nachrichten, wie Morlighem erklärt: "Die Eisströme in manchen Regionen werden von Strukturen an ihrer Basis relativ gut geschützt. Andere hingegen liegen in einem rückläufigen Bett und sind daher stärker in Gefahr, wenn das Eis vor der Küste instabil wird."

Besonders unter den gigantischen Thwaites- und Pine-Island-Gletschern ist die Topografie sehr ungünstig und fördert den Eisabfluss. Beide Eiszungen tauen bereits heute sehr schnell ab und ziehen sich zurück. (tasch, 16.12.2019)