Der Opferanwalt kritisiert, dass die Rolle des zweiten Hundes bei der Untersuchung nicht ausreichend beleuchtet wurde.

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Wiener Neustadt – Nach der tödlichen Hundeattacke auf einen 31-jährigen Soldaten am 13. November in der Wiener Neustädter Flugfeldkaserne hat das Bundesheer seine Untersuchungen abgeschlossen. Der Bericht zu einem "schweren und außergewöhnlichen Ereignis" sei vergangene Woche der Staatsanwaltschaft übermittelt worden, teilte das Verteidigungsministerium am Dienstag mit. Opferanwalt Erich Gmeiner erneuerte dennoch seine Kritik.

Es sei zu einer "schweren Konfliktsituation" zwischen einem Hundeführer und einem Hund ("Hati", Anm.) gekommen. Warum, lasse sich "aufgrund fehlender Zeugen und der noch ausstehenden gerichtsmedizinischen Analysen nicht näher definieren". Zur Rolle des zweiten, jüngeren Hundes ("Ragna", Anm.) könnten keine Angaben gemacht werden, heißt es in dem Bericht. Die Kommission – bestehend aus einem Leiter, einem Juristen, einem Arzt, einem Militärhundeführer und einem Veterinärmediziner – hatte die Aufgabe, "den maßgeblichen Sachverhalt des tödlichen Vorfalles darzustellen und, soweit erforderlich, Vorschläge zur Vermeidung von ähnlich gelagerten Fällen zu erstellen".

Täterhund zeigte in Ausbildung keine Auffälligkeiten

Die Frage des Verschuldens oder eines möglichen strafrechtlich relevanten Verhaltens sei nicht Gegenstand der Untersuchung gewesen, betonte das Ministerium. "Dies obliegt ausschließlich der Staatsanwaltschaft."

Der Untersuchungsbericht erwähnt einer Aussendung zufolge auch zwei Vorfälle in der Vergangenheit, bei denen der mutmaßliche Täterhund in der Ausbildung "gezwickt" habe. Bei derartigen Vorfällen besteht nach den Bundesheer-Vorschriften keine Meldepflicht. Ein Vorfall, der zu Bissverletzungen geführt hätte, sei nicht erhoben worden. Die Kommission habe festgestellt, "dass während der gesamten Ausbildung, die auch veterinärmedizinisch überwacht wurde, der mutmaßliche Täterhund keine Auffälligkeiten gezeigt hatte".

Der jüngere Hund sei ohne Genehmigung in der Kaserne gewesen. Sein Hundeführer habe den dafür notwendigen Antrag nicht gestellt. "Dies wurde disziplinär geahndet", so das Ministerium.

Tierärztin bescheinigte Hunden keinerlei Aggressivität

Das Verhalten der Hunde nach dem Vorfall war gegenüber dem Offizier vom Tag, der die Tiere gegen 0.55 Uhr in der Kaserne angetroffen hatte, laut dem Bericht "nicht aggressiv". Auch beim Einfangen durch einen alarmierten Hundeführer hätten sich die Hunde "friedlich und kooperativ" verhalten. Weiters wurde angemerkt, dass die Tiere nicht aus der Kaserne hätten gelangen können. "Die Kaserne ist eingezäunt, und das Kasernentor war am entsprechenden Abend ab 17 Uhr geschlossen. Die Amtstierärztin bescheinigte den Hunden bei Untersuchungen am 14. und 25. November keinerlei Aggressivität", heißt es im Untersuchungsbericht.

Der Zwinger in der Kaserne entspreche der Vorschrift "Das Militärhundewesen" und dem Tierschutzgesetz. Eine Umzäunung des Zwingers sei "ebenso wenig vorgeschrieben wie ein eingezäunter Auslauf oder Alarmierungseinrichtungen. In der Kaserne bestehen trotzdem sowohl eine Umzäunung wie auch ein umzäunter Auslauf, obwohl beides weder von den gesetzlichen Vorgaben noch von den militärischen Vorschriften erforderlich wäre."

Konkret empfiehlt die Kommission laut Ministerium eine Regelung für das Einbringen von Hunden, die für die Ausbildung vorgesehen sind, einen Alarmplan für Hundeführer außerhalb der Normdienstzeit sowie eine bessere Arbeitssituation der Hundeführer (Aufenthaltsmöglichkeit mit Sanitärbereich und Lagerungsmöglichkeit für Ausrüstung im Bereich der Zwingeranlage). Zudem sollte es die Möglichkeit geben, die Zwingeranlage zu versperren. Eine Schulung für Bedienstete über das Verhalten gegenüber freilaufenden Hunden in Kasernen, in denen Militärhunde gehalten werden, wird ebenfalls empfohlen.

Opferanwalt sieht Ablenkung von Verfehlungen des Bundesheeres

Opferanwalt Gmeiner reagierte kritisch auf den Bericht. Mangels Vorliegens des Obduktionsgutachtens und des DNA-Abgleichs könne bisher "nicht gesagt werden, welcher der beiden Hunde oder ob möglicherweise sogar beide Hunde dem Opfer die tödlichen Verletzungen zugefügt haben", sagte Gmeiner am Dienstag. Die Rolle des zweiten Hundes (ein ehemaliger und untauglicher Diensthund und nunmehriger Privathund) sei erst gar nicht beleuchtet worden. "Die subjektive Annahme, ausschließlich der Diensthund hat die Verletzungen herbeigeführt, vermag der derzeitigen Aktenlage schlichtweg nicht standzuhalten. Das ist eine reine Vermutung, die durch nichts bewiesen ist, und dient daher offensichtlich und ausschließlich dazu, die Öffentlichkeit in die gewünschte Richtung zu beeinflussen und von den unzähligen Verfehlungen des Bundesheers abzulenken", schrieb der Anwalt.

Weiters würden bisherige Vorfälle mit dem Diensthund "Hati" schlichtweg heruntergespielt. "Offenbar besteht beim Bundesheer und dem Umgang mit Diensthunden nur dann eine Meldeverpflichtung von Fehlverhalten der Tiere, wenn jemand tatsächlich verletzt wird. Was ein derartiger Hund jedoch tatsächlich anrichtet, wenn er einmal zubeißt, ist an den vielfachen tödlichen Verletzungen am Körper des Opfers unschwer zu erkennen", hielt Gmeiner fest. (APA, 17.12.2019)