In der Serie alles gut? denkt STANDARD-Redakteur Andreas Sator über eine bessere Welt nach – und darüber, welchen Beitrag er leisten kann. Melden Sie sich hier für seinen kostenlosen Newsletter an.

Wenn Sie heuer die Nachrichten aufmerksam verfolgt haben, sind Sie sich wahrscheinlich sicher: Es war wieder einmal ein katastrophales Jahr. Das Drama um den Brexit, das nicht endende Drama mit Donald Trump, die nicht in die Gänge kommende Klimapolitik, während der Regenwald brennt und die Arktis schmilzt: Probleme gibt es unbestritten und zur Genüge. Von den positiven Entwicklungen bekommen wir oft wenig mit. Hier sind ein paar.

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Ein Teil der Lösung für das Klimaproblem: bessere Windräder. Sie haben vielleicht nicht davon gehört, aber auch heuer gab es in dem Sektor wieder Fortschritte.
Foto: APA/dpa/Fabian Sommer

Erstens: Der Klimawandel hat in den Augen der Öffentlichkeit und der Medien endlich das Gewicht bekommen, das ihm zusteht. Bei den Wahlen zum Europäischen Parlament meinten laut einer Eurobarometer-Umfrage 49 Prozent der Menschen, dass die Bekämpfung des Klimawandels und der Umweltschutz wichtig für ihre Wahlentscheidung gewesen seien – deutlich wichtiger als etwa das Thema Zuwanderung.

Zweitens: Die Politik kommt beim Klima (sehr) langsam in die Gänge. Die neue EU-Kommission hat einen ambitionierten Plan vorgelegt. Deutschland will bis 2025 das wichtigste Treibhausgas, CO2, mit 55 Euro pro Tonne besteuern. In Österreich wurde das Kohlekraftwerk Dürnrohr – im Land das letzte seiner Art – abgeschaltet. Die Politik hinkt noch nach, aber auch hierzulande wird der Druck auf die Regierung höher.

Drittens: Es gibt nicht nur mehr Bewusstsein für das Problem, sondern auch mehr Lösungen. Wind- und Solarenergie werden billiger und billiger. Berechnungen der Finanzberatung Lazard zeigen, dass auch heuer wieder enorme Fortschritte gemacht worden sind. Die Kosten sind jetzt schon niedriger als die neuer Gas- oder Kohlekraftwerke. Man muss keine Idealistin mehr sein, um sein Energiesystem mit der Zeit sauber zu machen. Es wird zu einer Frage des Geldes.

Impfungen retten vielen Millionen Menschen das Leben.
Foto: APA/AFP/AMOS GUMULIRA

Viertens: In Österreich ist sie nur für abenteuerlustige Reisende relevant, global kostet Malaria aber jedes Jahr einige hunderttausend Menschen, vor allem Kinder, das Leben. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat heuer Algerien und Argentinien für malariafrei erklärt. Je mehr Menschen infiziert sind, desto wahrscheinlicher erkranken die Menschen rundherum. Hat es aber niemand mehr, können Moskitos den Parasiten auch nicht mehr übertragen. Auch der langjährige Trend zeigt in die richtige Richtung: Im Jahr 2000 starben laut WHO noch über 840.000 Menschen an Malaria. 2015 waren es dank besserer Medizin und Vorbeugung weniger als 440.000.

Fünftens: Nigeria ist als letztes Land Afrikas offiziell für poliofrei erklärt worden. Damit gilt die als Kinderlähmung bekannte Viruserkrankung auf dem gesamten Kontinent dank Impfungen als vorerst ausgerottet. Weil es noch Poliofälle in Afghanistan und Pakistan gibt, ist die Gefahr aber noch nicht zu Ende. Die Weltgesundheitsorganisation hofft, dem Virus ähnlich wie zuvor den Pocken bald den Garaus machen zu können.

Sechstens: Noch eine üble Erkrankung, die Österreich nicht trifft, aber einige der Ärmsten der Welt, ist Ebola. Heuer wurde zum ersten Mal ein wirksamer Ebola-Impfstoff entwickelt. 90 Prozent der Behandelten wurden in Tests geheilt. Weil das Virus in der Demokratischen Republik Kongo grassiert, wurde der Impfstoff dort ungewöhnlich rasch eingeführt.

2019 war ein ereignisreiches Jahr. Das Bild ist von der Vengaboys-Demo in Wien.
Foto: Robert Newald

2019 war also ein Jahr mit Licht und Schatten. Vom Schatten haben Sie aber wahrscheinlich mehr mitbekommen, weil sich Drama und Skandale besser als Schlagzeilen eignen. Noch positiver lässt sich aber auf die Welt blicken, wenn man ein paar große Schritte zurückgeht. Zeit für Statistiken! Um zu analysieren, wie es der Welt geht, lohnt ein Blick auf die Schwächsten. Wie viele Arme gibt es auf der Welt?

Fragt man eine Gruppe an Menschen, ob sie denn glaubt, dass es heute mehr oder weniger Arme auf der Welt gibt als noch vor 30 Jahren, sind sich die meisten einig: mehr! Die Realität ist: Sie könnten nicht falscher liegen. Die extreme Armut ist in den vergangenen 30 Jahren drastisch zurückgegangen.

Lebten 1990 noch 1,8 Milliarden Menschen in extremer Armut, sind es heute laut Schätzungen der World Poverty Clock weniger als 600 Millionen. Das sind noch immer viel zu viele, aber in der Geschichte der Menschheit hat noch nie ein so kleiner Anteil der Weltbevölkerung in extremer Armut gelebt. Hier sind vier Länder als Exempel:

Wie geht's den Kindern? Werfen wir einen Blick auf die Kindersterblichkeit. Wie viele Kinder sterben, bevor sie ihren fünften Geburtstag feiern? 1990 waren das noch 9,3 Prozent. Fast jedes zehnte Kind der Welt wurde keine fünf Jahre alt. Keine 30 Jahre später liegt der Wert bei 3,9 Prozent. Immer noch zu hoch, aber mehr als halb so niedrig. In Österreich ist der Wert von 0,1 auf 0,03 Prozent gesunken. Klicken Sie auf Play:

Wie alt werden die Menschen auf der Welt? Immer älter. 1990 betrug die globale Lebenserwartung noch 65 Jahre. Heute: 72 Jahre. Wieder vier Beispiele:

Aber die Geburtenrate explodiert! Nein, tut sie nicht: 1990 bekam eine Frau im Schnitt 3,3 Kinder, heute 2,4. Werfen Sie einen Blick auf Vietnam und Bangladesch. Nicht alles ist gut, aber vieles wird besser.

Wenn Ihnen der Beitrag gefallen hat, melden Sie sich für den Newsletter an. Ich schreibe Ihnen, wenn im Rahmen der Serie ein neuer Beitrag erscheint. (Andreas Sator, 29.12.2019)

Korrektur, 29.12., 10.15 Uhr: Danke an mehrere Anmerkungen im Forum. Malaria ist keine Viruserkrankrung, sondern eine Infektionserkrankung. Entschuldigen Sie den Fehler, er wurde im Text korrigiert.