"Die Kreuzbandsaison hat begonnen", sagt Orthopäde Florian Dirisamer, weil das Kreuzband die Schwachstelle vieler Skifahrer ist.

Foto: http://www.istockphoto.com/amriphoto

Was als schöner Tag auf der Skipiste beginnt, wird auch heuer für viele wieder im Krankenhaus enden. Fast 30.000 Menschen verletzen sich pro Jahr auf Österreichs Pisten. Richard Maier, Bundesfachgruppenobmann für Unfallchirurgie in der Ärztekammer, berichtet von zunehmend komplizierten Knieverletzungen, Schienbeinkopffrakturen und Schulterverletzungen. Ein Klassiker sind lädierte Kreuzbänder.

Das macht sich in der Ordination des Linzer Orthopäden Florian Dirisamer jetzt schon bemerkbar: "Die Kreuzbandsaison ist eröffnet", sagt er über die große Schwachstelle des Körpers. Das Problem: Im Gegensatz zur Oberschenkelmuskulatur lässt sich das Kreuzband nicht trainieren. "Es ist das schwächste Glied in der Kette", erklärt Dirisamer. "Und wenn die Kräfte, die darauf wirken, zu hoch sind, reißt es."

Unspektakulär umkippen

Bei Hobbysportlern schnalzt es meist nicht einmal bei spektakulären Stürzen, sondern zum Beispiel bei einem vermeintlich harmlosen Umkippen beim Skilift. Wenn die Bindung dann nicht aufgeht und das Knie sich verdreht, ist es oft schon passiert. Dann geht es von der Piste direkt ins Krankenhaus – und dort direttissimo in den OP. Bei einer Kreuzbandoperation wird dieses mit einer körpereigenen Sehne – etwa von der Oberschenkelrückseite – ersetzt. Ein Jahr dauert es, bis das Kreuzband wieder voll hergestellt ist.

Allerdings ist eine solche Operation bei Hobbysportlern nicht immer nötig. Unfallchirurg Maier kritisiert, dass das von einigen seiner Kollegen anders gesehen wird – und Patienten in manchen Skigebieten regelrecht zur sofortigen OP überredet werden. Oft sei es jedoch sinnvoller, sich im Skigebiet nur erstversorgen zu lassen – und dann zur weiteren Behandlung nach dem Skiurlaub zu Hause einen Spezialisten aufzusuchen.

Keine Schmerzen

"Bei einer isolierten vorderen Kreuzbandruptur drängt die Zeit in der Regel nicht", sagt auch Orthopäde Dirisamer. In vielen Fällen sei bei Sportlern ohne Leistungsanspruch ein verzögertes Vorgehen sogar vernünftig. So könne man eine nichtoperative Behandlung prüfen und es mit Physiotherapie versuchen.

"Patienten werden oft um diese Chance gebracht" sagt Dirisamer. Schmerzen gibt es nach der akuten Verletzungsphase keine. Operiert wird, wenn eine Instabilität im Kniegelenk besteht. Ob sofort operiert werden muss oder nicht, entscheidet auch das Ausmaß der Begleitverletzungen. "Wenn der Meniskus auch gerissen ist, ist die Sache klar", sagt Dirisamer.

Unfallchirurg Maier führt die vielen Verletzungen, die beim_Skifahren passieren, einerseits auf hochmoderne schnelle Ski, andererseits auf durch Kunstschnee veränderte Pistenverhältnisse zurück – und auch auf rücksichtsloses Fahrverhalten. Daher findet er eine Pistenpolizei, wie es sie mancherorts bereits gibt, gut.

Helme helfen

Aber auch andere Wintersportarten sind gefährlich: Beim Schlittschuhlaufen kommt es häufig zu Verletzungen am Handgelenk, im Stürzen versucht man sich abzufangen. Wer nach hinten fällt, läuft Gefahr, sich am Becken oder am Kopf zu verletzen.

Und auch beim Rodeln gibt es Jahr für Jahr viele Verletzte. "Da kenne ich so gut wie alle Verletzungen", sagt Unfallchirurg Maier. Wer mit dem Kopf voran rodelt, riskiert Kopfverletzungen. Wer mit den Füßen voran unterwegs ist, verletzt sich häufig am Sprunggelenk, am Unterschenkel oder am Knie.

Was man tun kann, um sicher unterwegs zu sein: bei jeder dieser Sportarten einen Helm tragen – und auf Alkohol verzichten. Skifahrer sollten außerdem ihre Bindungen richtig einstellen lassen, damit sie sich im Fall des Falles auch öffnen. Orthopäde Dirisamer empfiehlt zudem, sich mit Skigymnastik auf die Piste vorzubereiten und die eigenen körperlichen Fähigkeiten nicht zu überschätzen. (Franziska Zoidl, 28.12.2019)