Zugegeben, der Schauspieler Timothée Chalamet ist ein solches Leichtgewicht, dass er auf dem roten Teppich leicht übersehen werden könnte. Doch wenn der Amerikaner vor den Kameras auf- und abläuft, kleben die Fotografen wie Schmeißfliegen an seinen Outfits. Der 24-Jährige führt vor, dass nicht nur schwarze Anzüge dem Blitzlichtgewitter standhalten. Und dass Mode-Experimente nicht verkrampft aussehen müssen. Mal trägt er Blumenmuster, dann eine Schärpe, ein andermal einen Pailletten-Pullover. Chalamet tut das mit einer solchen Selbstverständlichkeit und Souveränität, dass ihm das britische Männermagazin "GQ" vor einigen Wochen den Titel "bestangezogener Mann 2020" verlieh.

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Timothée Chalamet in einem Anzug von Haider Ackermann anlässlich der Premiere des Films "The King" in Venedig.
Foto: Arthur Mola/Invision/AP

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... und im Pailletten-Hoodie, entworfen von Virgil Abloh für Louis Vuitton.
Foto: Vianney Le Caer/Invision/AP

Wenn man so will, zeigt Chalamet, dass es für Männer mehr Entfaltungsmöglichkeiten gibt als das Modell "Muskelprotz im schwarzer Anzug". Mit seiner modischen Experimentierfreudigkeit steht er nicht allein da: Ex-Boyband-Mitglied Harry Styles steigt bevorzugt in verrüschtes Gucci-Zeug und greift wie der deutsche Schauspieler Lars Eidinger zum Nagellack-Fläschchen. Für den britischen "Guardian" ließ er sich gerade erst für eine Modestrecke fotografieren, Titel: "Prince Charming". Die Nägel bepinselt mit gelben Smileys.

Ob das Männer- oder Frauensachen seien, die er da trage, interessiere ihn nicht, erklärte Styles im begleitenden Porträt. Tatsächlich trifft der Musiker mit seinen Outfits einen Nerv: Im vergangenen Jahr erschien er auf der Met Gala in einer transparenten Rüschenbluse und einem Perlenohrring.

Harry Styles wirbt nicht nur regelmäßig für Gucci, er lackiert sich auch gern die Fingernägel.
GUCCI
Lars Eidinger in voller Chanel-Montur beim Besuch der Show in Paris.
Foto: APA/AFP/FRANCOIS GUILLOT

Der britische Boulevard jaulte noch auf, doch vielleicht gehören solche Reaktionen bald der Vergangenheit an. Zumindest das deutsche Fernsehen arbeitet jetzt daran, anderen Männerbildern eine Plattform zu bieten. Die ARD lässt in dem Makeover-Format "Queer 4 You", angelehnt an den erfolgreichen Netflix-Hit "Queer Eye", vier schwule Männer (Influencer Fabian Hart, Make-up-Artist Christian Fritzenwanker, Einrichtungsexperte Chris Glass und Coach Sven Rebel) unterschiedliche Menschen modisch wie menschlich beraten. Die "Fab Four" aus der amerikanischen Serienvorlage haben es so zu internationaler Bekanntheit gebracht.

Das "Queer 4 You"-Team, von links nach rechts: Sven Rebel, Fabian Hart, Chris Glass und Christian Fritzenwanker.
Foto: rbb Fernsehen

Von "Queer 4 You" sind bislang erst drei Folgen gedreht worden. Vielleicht sorgen sie dafür, dass das deutschsprachige Fernsehpublikum auf den Geschmack kommt. (Anne Feldkamp, 2.1.2019)