Auf diesem Hang in Hollersbach sollen elf weitere Chalets entstehen.

Foto: Karin Dollinger

Salzburg – Die Bewilligungen touristischer Bauprojekte im Pinzgau haben erstmals ein strafrechtliches Nachspiel. Der Bürgermeister von Hollersbach, Günter Steiner (ÖVP), muss sich am Donnerstag wegen Amtsmissbrauchs vor dem Salzburger Landesgericht verantworten.

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, sein Amt als Baubehörde bei der Genehmigung von zwei Einfamilienhäusern und einer Apartmentanlage vorsätzlich missbraucht zu haben. Bei den beiden Wohnhäusern wurde zu bauen begonnen, obwohl es keine entsprechenden Flächenwidmungen gab. Für den Bau des Apartmenthotels habe die behördliche Abnahme eines Hochwasserschutzes gefehlt. Raumordnungsrechtlich dürfe nur auf geeigneten Grundstücken die Errichtung von Gebäuden genehmigt werden.

Projektbetreiber der Apartments ist übrigens dieselbe Immobilienentwicklerfirma, die das umstrittene Six-Senses-Projekt am Pass Thurn in Mittersill plant.

Weitere Chalets auf strittigem Baugrund

Dass auf ungeeigneten Flächen ein Bauprojekt genehmigt wird, kritisieren auch die Anrainer eines weiteren Projekts in Hollersbach. Wie der STANDARD berichtete, sollen auf dem Grundstück gleich gegenüber dem umstrittenen Luxus-Chalet-Projekt Six Senses elf weitere Chalets entstehen. Die Anrainer befürchten, dass der aufgeschüttete Hang ins Rutschen kommt. Das Grundstück hat mit einer "Schauplatz"-Sendung des ORF Bekanntheit erlangt, weil der Projektbetreiber parallel zu einer vorhandenen Straße eine zweite gebaut hatte, nachdem ihm das Befahren mit Baumaschinen von der Wegegemeinschaft untersagt worden war.

Am Mittwochabend hätte der Hollersbacher Gemeinderat das Chalet-Dorf nahe der Panoramabahn erneut diskutieren sollen, die endgültige Entscheidung wurde aber erneut vertagt. Bürgermeister Steiner hielt das Projekt bis zuletzt für beschlussreif. Gewidmet wurde das Grundstück bereits 1999 als Zweitwohnsitzgebiet, eine Bauwilligung wurde 2015 erteilt, offen ist noch das Okay für die Bauzufahrt.

Vizebürgermeisterin Angelika Hölzl von der Liste Miteinander für Hollersbach kündigt an, nicht mitzustimmen. Sie möchte, dass sich das Land der Sache annimmt. Der Goldgräberstimmung im Pinzgau müsse entgegengetreten werden. Auch über das Verfahren gegen den Bürgermeister sei sie nicht informiert worden. "Ich bin aus allen Wolken gefallen."

Tagesordnung geändert

FPÖ-Gemeinderat Norbert Dankl versteht den medialen Druck nicht. "Man muss schon ein schlechtes Gewissen haben, wenn man Ja sagt oder etwas widmet." Im gesunden Maß müsse im Pinzgau touristisch gebaut werden. Wenn der Ortsplaner es als unbedenklich sehe, werde er zustimmen.

Bei zwei anderen Vorhaben hatte der Bürgermeister bereits im Vorfeld die Notbremse gezogen und sie von der Tagesordnung genommen. Im Flächenwidmungsplan der Gemeinde hätte eine Fläche vom reinen Wohngebiet in ein Zweitwohnsitzgebiet umgewidmet werden sollen. Und das, obwohl Hollersbach eine Beschränkungsgemeinde ist, die bereits mehr als 18 Prozent Zweitwohnsitze hat. Der zweite abberaumte Punkt betraf eine Widmung für ein Garagenprojekt.

Anzeigen im Oberpinzgau

Die geplante Bebauung von Alpschwendt beschäftigte bereits die Gerichte, nachdem einer der Anrainer immer wieder Beschwerde eingebracht hatte. Im Dezember 2018 äußerte der Verfassungsgerichtshof zwar Bedenken, dass das Grundstück gar nicht als Bauland hätte gewidmet werden dürfen, weil es verkehrsmäßig nicht erschlossen war. Schlussendlich wurden die Einwände und Beschwerden aber allesamt abgewiesen. Es konnte keine Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungsplans festgestellt werden.

Im Mai ist darüber hinaus wegen Amtsmissbrauchs und Vorteilsnahme gegen insgesamt sieben Personen eine Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eingebracht worden. "Was unsere Zuständigkeit betrifft, wurde mangels Anfangsverdachts von einem Ermittlungsverfahren abgesehen. Der Rest wurde an die örtliche Staatsanwaltschaft abgetreten", sagte WKStA-Sprecher René Ruprecht dem STANDARD. (Stefanie Ruep, 19.12.2019)