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Das russische Parlament will ausländischen Journalisten auf die Finger schauen... und gegebenenfalls auch klopfen.
Foto: REUTERS/Alexander Reshetnikov

Russland verschärft die Jagd auf "ausländische Agenten": Die russische Duma schlägt vor, ausländische Medien, die sich der Einmischung in Wahlen schuldig gemacht haben, künftig härter zu bestrafen. Nach einem Positionspapier, das der Regierung vorgelegt wurde, sollen Unternehmen für illegale Wahlagitation mit einer Geldstrafe von bis zu vier Prozent des Umsatzes belegt werden. Für ausländische Medien liegt das Strafgeld dabei mindestens bei 2,2 Millionen Rubel. Das sind rund 30.000 Euro.

Die derzeit gültigen Geldstrafen seien für große internationale Medienkonzerne "lächerlich und nicht abschreckend", hatte der Abgeordnete Adalbi Schchagojew die Notwendigkeit einer solchen Strafverschärfung begründet. Schchagojew ist Mitglied einer speziellen Duma-Kommission, die Fakten einer Einmischung des Auslands in russische Wahlen aufdecken soll. Die Kommission war im Sommer im Vorfeld der Wahl des Moskauer Stadtparlaments gegründet worden.

Wahl als Auslöser

Die Wahl wurde von massiven Protesten überschattet, nachdem die Wahlkommission alle Kandidaten der außerparlamentarischen Opposition im Vorfeld der Abstimmung mit der Begründung gefälschter oder fehlender Unterstützerunterschriften ausgeschlossen hatte. Über 50 Bewerber hatten keine Zulassung erhalten – dar unter auch prominente Gesichter der Opposition wie Ilja Jaschin und Ljubow Sobol. Die Demons trationen im Sommer entwickelten sich zur größten Protestaktion in Russland seit der Rückkehr Wladimir Putins in den Kreml 2012.

Zugleich erzielte die Opposition zumindest einen symbolischen Sieg: Mit der sogenannten "klugen Abstimmung" bündelte sie Stimmen der Unzufriedenen. Immerhin 20 der 45 Mandate in der zuvor von der Kremlpartei Einiges Russland dominierten Stadt-Duma gingen an Kandidaten der systemtreuen Opposition. Ironie des Schicksals: Die Kommunisten profitierten am stärksten von der Hilfe der Liberalen.

Der Kreml witterte hinter den Protesten sofort die lange Hand ausländischer Agenten und warf unter anderem dem Sender Deutsche Welle (DW) vor, zur Teilnahme an den Demos aufzurufen. Der Kanal hat seither in Russland mit größeren bürokratischen Hürden zu kämpfen, auch wenn das Au ßenministerium schließlich erklärte, die DW nicht zum ausländischen Agenten erklären zu wollen – zumindest solange der Kremlsender RT in Deutschland nicht angerührt werde.

Mehr auf die Finger schauen

Dessen ungeachtet will die Duma ausländischen Journalisten stärker auf die Finger schauen. Die Art der Berichterstattung internationaler Medien über Wahlen in Russland "erlaubt es nicht selten, sie als Wahlagitation zu qualifizieren", heißt es im Anhang zur Gesetzesinitiative.

Internetplattformen wie Facebook und Google, die die Duma zunächst auch für Veröffentlichungen auf ihren Seiten haftbar machen wollte, wurden aus der Initiative gestrichen; doch traditionelle Medienhäuser will die Duma für Berichte, die sie als Wahlagitation betrachtet, mit voller Härte bestrafen.

Juristen bezweifeln allerdings, dass sich solche Urteile gegenüber internationalen Medien auch durchsetzen lassen. Schließlich arbeiten die meisten unter anderer Jurisdiktion. (André Ballin aus Moskau, 17.12.2019)