Um die Artenvielfalt in Österreich zu schützen, fordert der Biodiversitätsrat Maßnahmen bei der Landnutzung in Österreich: Mindestens zehn Prozent der Flächen sollen der Biodiversität dienen.

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Rund ein Drittel aller in Österreich vorkommenden Pflanzen- und Tierarten stehen auf der Roten Liste. Das bedeutet nicht nur, dass wir in Zukunft auf einzelne vielleicht verzichten müssen, sondern dass das Funktionieren ganzer Ökosysteme gefährdet ist. In der Folge müssen wir mit einer deutlichen Verschlechterung der Lebensqualität rechnen. Das Netzwerk Biodiversität Österreich will dieser Entwicklung bis zum Jahr 2030 Einhalt gebieten und hat dazu fünf Kernforderungen erstellt, die es am Dienstag präsentierte.

Am Netzwerk Biodiversität können alle mitwirken, denen die Erhaltung und Förderung der österreichischen Artenvielfalt ein Anliegen ist. Für die wissenschaftliche Fundierung sorgt der Biodiversitätsrat, in dem 23 Fachleute aus den Bereichen Biodiversität, Landschaftsgestaltung und Naturschutz zusammenarbeiten. Der Rat wird von sechs Wissenschaftern geleitet. Die Koordination des Netzwerkes liegt beim Biodiversitätshub an der Donau-Universität Krems.

Der erste Schritt zu einer Eindämmung des Artenverlusts wäre ein vorwiegend symbolischer: "Die Biodiversitätskrise ist untrennbar mit der Klimakrise verbunden", wie Franz Essl vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität Wien erklärt. Aus diesem Grund wird die formelle Erklärung des "Biodiversitätsnotstands" durch den Nationalrat gefordert, ganz ähnlich wie es kürzlich mit der Klimakrise erfolgte.

Eine Milliarde für Umwelt

Das allein ist freilich zu wenig – es braucht auch Geld, um Maßnahmen zum Schutz von Ökosystemen zu finanzieren. Das Netzwerk fordert daher die Einrichtung eines Biodiversitätsfonds mit einer Milliarde Euro. "Das ist eine erhebliche Summe, aber keine unfinanzierbare", ist Essl überzeugt. Die dafür notwendigen Mittel ließen sich etwa aufbringen, indem umweltschädigendes Verhalten mit zweckgebundenen Abgaben belegt würde.

Der nächste Punkt sollte leichter umzusetzen sein: Darin wird etwa die Einhaltung und regelmäßige Überprüfung jener Vorschriften und Verpflichtungen verlangt, zu denen sich Österreich ohnehin schon bekannt hat. "Österreich wurde in den letzten Jahren schon mehrfach wegen Nichteinhaltung diverser Verpflichtungen geklagt", wie Alice Vadrot vom Institut für Politikwissenschaft der Uni Wien anführt, "das muss aufhören." Zudem fordert der Biodiversitätsrat die Erarbeitung und Umsetzung einer nationalen Biodiversitätsstrategie 2030.

Ruf nach Bundesrahmennaturschutzgesetz

Weil Naturschutz in Österreich häufig Landessache ist, gilt eine weitere Forderung der Schaffung eines Bundesrahmennaturschutzgesetzes, um entsprechende Anliegen bundesweit durchsetzen zu können. Damit geht der Ruf nach einem eigenständigen Umweltministerium und einer sozialökologischen Steuerreform Hand in Hand, die den Schutz des Klimas und der Artenvielfalt gleichrangig behandelt.

Ein weiteres Anliegen ist die Errichtung eines nationalen Biodiversitätsforschungsprogramms nach Vorbild des österreichischen Klima- und Energiefonds. Studien bezüglich der Artenvielfalt brauchen viel beschreibende Grundarbeit, aber: "Für Forschung, die nicht hypothesengetrieben ist, gibt es in Österreich kaum Geld", weiß Christian Sturmbauer vom Institut für Biologie der Universität Graz. Dem könnte damit Abhilfe geschaffen werden. Außerdem sollte ein wissenschaftlicher Dienst etabliert werden, der dafür sorgt, dass der Politik gesicherte und unabhängige Daten zur Verfügung gestellt werden.

Nachhaltige Landnutzung

Zu guter Letzt geht es um die Landnutzung in Österreich: Unter anderem fordert der Biodiversitätsrat die Sicherung beziehungsweise den Aufbau von mindestens zehn Prozent Biodiversitätsförderungsflächen wie etwa Feldraine oder Hecken. Gleichzeitig soll der Verbauungsgrad gesenkt werden: von derzeit knapp zwölf Hektar pro Tag auf maximal ein Hektar bis 2030.

Der Biodiversitätsrat hofft natürlich, dass die Koalitionsverhandler die Forderungen auch berücksichtigen. Aber was, wenn nicht? "Dann sieht die Zukunft trüb aus", ist Essl überzeugt, "denn nur intakte Ökosysteme können Leistungen wie Lawinenschutz oder sauberes Wasser erbringen, und dafür brauchen sie das Zusammenwirken vieler verschiedener Arten." (Susanne Strnadl, 18.12.2019)