Sporttaschen mit Bargeld beschäftigen die heimische Innenpolitik.

Foto: Faksimilie/SZ

Das Recht, mit Bargeld zu bezahlen, "muss verfassungsmäßig verankert werden", kampagnisierte der damalige Präsidentschaftskandidat und jetzige Parteichef Norbert Hofer im Frühjahr 2016. Gemeint war damit wohl nicht, dass man sich mit Bargeld Mandate der FPÖ im Nationalrat oder im EU-Parlament kaufen kann. Genau das steht nun aber in der Diskussion.

Der erste Fall betrifft den einstigen freiheitlichen Abgeordneten Thomas Schellenbacher, der bis 2017 im Nationalrat war. Die FPÖ soll im Jahr 2013 mit Geld aus der Ukraine davon überzeugt worden sein, ihn auf einen guten Listenplatz zu setzen. Schellenbacher hatte damals schon lange Geschäftspartner aus dem osteuropäischen Land, die etwa gemeinsam mit ihm das Grandhotel Panhans am Semmering aufkauften und renovieren wollten.

Dazu gab es einst auch Geldwäscheermittlungen, die aber eingestellt wurden. Diese Ostukrainer wollten unbedingt einen Draht in die heimische Politik aufbauen.

Podcast: Fabian Schmid erklärt, was zu den Taschen voll Bargeld bekannt ist – und was nicht.

Vermittler will Provision

Ein Geschäftsmann namens Ernst Neumayer vermittelte Schellenbacher dann an die FPÖ, wo angeblich folgender Deal ausgemacht wurde: Aus der Ukraine werden zehn Millionen Euro nach Österreich gebracht, diese sollen zu je zwei Millionen Euro an Strache, den FPÖ-Anwalt Peter Fichtenbauer und an Neumayer als Provision fließen; vier Millionen sollte die Partei selbst erhalten.

Jene Fotos einer Sporttasche mit Bargeld, die "Süddeutsche Zeitung" und "Spiegel" am Freitag veröffentlichten, sollen Teile dieses Geldes zeigen. Strache war angeblich mit der Tasche voller Geldbündel auf dem Weg nach Kärnten, wo sich die FPÖ mit der FPK wiedervereinte.

Doch was passierte mit dem Rest des Geldes, das angeblich aus der Ukraine nach Österreich floss? Angeblich erhielten weder FPÖ noch der Vermittler Neumayer ihren "Anteil". Ging dafür Geld an Schellenbacher? Über dessen finanzielle Aktivitäten berichtet nun Peter Pilz' Plattform zackzack.at, DER STANDARD konnte die Dokumente einsehen. So soll Schellenbacher im Jahr 2013 vor dem Konkurs gestanden sein. Seine Firmen waren mit über 3,7 Millionen Euro verschuldet. Ein Vergleich mit der Bank wird ausgehandelt: Schellenbacher muss zwei Millionen Euro aufbringen, der Rest werde ihm dann erlassen. Im Juli 2013 stellt Strache Schellenbacher als Kandidaten der FPÖ vor. Nach der Wahl im Herbst 2013 verzichten drei vor ihm gereihte Kandidaten auf ihren Einzug in den Nationalrat, Schellenbacher wird angelobt.

Kredite ohne Sicherheiten

Laut Kontoauszügen werden dann im Zeitraum September bis November 2013 insgesamt knapp 1,35 Millionen Euro in bar auf ein Firmenkonto Schellenbachers eingezahlt. Der Vergleich mit der Bank wird über die Firma Draconis Project Consulting abgewickelt, sie erhält wiederum einen Kredit bei der Meinl Bank – ohne Sicherheiten anzugeben und autorisiert mit der Unterschrift des damaligen Meinl-Bank-Vorstands Peter Weinzierl.

Der zweite Fall betrifft die ehemalige EU-Abgeordnete Barbara Kappel. Sie gab gegenüber der Zeitung "Österreich" an, "Geldbotin" für die FPÖ gewesen zu sein. Auf Anfrage des STANDARD hatte sie das am 8. Dezember 2019 noch dementiert. Kappel soll im Jahr 2018 die Summe von 55.000 Euro in drei Tranchen an einen ehemaligen Nationalratsabgeordneten der FPÖ geliefert haben – der wiederum vor rund einem Monat verstorben ist. Das Geld stammt von einem bulgarischen Geschäftsmann, dem Kappel in diversen Causen "geholfen" hat. Sie behauptet, dass ihr der damalige Parteiobmann Strache aufgetragen hat, für ihr Engagement eine Parteispende von 100.000 Euro einzufordern. Der bulgarische Geschäftsmann sagte wiederum zum STANDARD, Kappel habe das Geld benötigt, um wieder bei der EU-Wahl aufgestellt zu werden – was 2019 allerdings nicht geschah. Die Ex-Mandatarin dementierte das vor kurzem ebenso wie die FPÖ.

Es gibt einen weiteren Konnex Kappels zu Bulgarien. Sie vermittelte den Salzburger Professor Friedrich Steinhäusler an ihre Bekannten. "Es ging um ein Konzept zur Sicherung der bulgarisch-türkischen Grenze, um das mich Frau Kappel ersucht hat", sagt der Experte, um einen Zaun, elektronische Detektoren und andere Einrichtungen. Er habe viel Zeit investiert, trotz Urgenz allerdings kein Geld dafür erhalten. Kappel habe das Projekt für eine ihm nicht bekannte bulgarische Gruppe vermittelt, so Steinhäusler.

Zeugin in Prügelaffäre

Strache ist nicht gut auf Kappel zu sprechen. "Dass nunmehr behauptet wird, ein vor kurzem Verstorbener und im Jahr 2017 aus Gesundheitsgründen zurückgetretener Abgeordneter hätte das Bargeld von Frau Kappel erhalten, ist nicht nur eine reine Schutzbehauptung, sondern auch letztklassig und pietätlos", sagte Strache. Laut FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker sei "kein Geld bei Partei oder Klub von einem angeblichen bulgarischen Spender eingegangen".

Nun bleibt die große Frage, wo das Geld geblieben ist. Kappel war mit dem verstorbenen FPÖ-Politiker, dem sie das Geld anvertraute, gut befreundet gewesen. Sie gab ihm etwa als Zeugin ein Alibi, als ihm eine langjährige Geliebte vorwarf, sie schwer verprügelt zu haben. Das sei nicht möglich, da der damalige Abgeordnete zu diesem Zeitpunkt bei ihr und ihrem Ehemann zum Dinner eingeladen gewesen sei, sagte Kappel damals den Ermittlern. (Fabian Schmid, Andreas Schnauder, 17.12.2019)