Am Abend der Erwerbskarriere droht bei Jobverlust die Langzeitarbeitslosigkeit.

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Ist ein Drittel nun viel oder wenig? Rund um diese Frage ist nach der Veröffentlichung einer Evaluierung der Ergebnisse der Aktion 20.000 eine interessante Debatte entbrannt. Etwas mehr als 30 Prozent der im Rahmen der Aktion geförderten Langzeitarbeitslosen über 50 hatten auch drei Monate, nachdem ihre Stelle nicht mehr vom AMS bezahlt wurde, noch einen Job.

Judith Pühringer, Chefin von Arbeit plus, einem Netzwerk von gemeinnützigen Unternehmen, sieht darin einen gewaltigen Erfolg. Schließlich würden die Chancen älterer Jobsuchender ansonsten eher zwischen "null und zwei Prozent liegen", wie Pühringer auf Twitter schrieb. Gegenargument: Die Aktion 20.000 befand sich noch in einem Pilotstadium. Gefördert wurden zunächst besonders engagierte Arbeitslose, die oft gut ausgebildet waren. Der Erfolg sei also nicht auf die breite Bevölkerung übertragbar.

Was ist die relevante Frage?

Aber was, wenn das gar nicht die relevante Frage ist – wenn die möglichen langfristigen Lehren aus der Aktion 20.000 einen anderen Aspekt betreffen? Dieser Ansicht ist der Arbeitsmarktforscher Helmut Mahringer vom Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo.

Sein Argument lautet: Die Zahl der Älteren, die dauerhaft keinen Job finden, ist in Österreich stark gestiegen. Schuld daran war die demografische Entwicklung. Mehr Babyboomer fallen in die Generation 50 plus. Zudem haben viele Ältere als Folge der Wirtschaftskrise ihre Arbeit verloren.

Für diese Gruppe ist eine Rückkehr auf den Jobmarkt oft besonders schwer. Die meisten Unternehmen bevorzugen junge Arbeitskräfte, die häufig deutlich billiger sind.

Tatsächlich waren laut AMS im November 2009 gerade einmal 9600 Menschen über 50 langzeitarbeitslos, also ein Jahr ohne Job. Heute sind es mehr als 43.000.

Bis 55 geht es noch

Die Problemgruppe lässt sich recht genau eingrenzen. Bei Menschen über 50 hat die Erholung der vergangenen Jahre am Arbeitsmarkt durchaus gegriffen. In dieser Gruppe ist die Arbeitslosigkeit 2018 zum Beispiel als Folge des starken Wirtschaftswachstums deutlich gesunken. Anders war das bei Menschen über 55, hier gab es eine Stagnation. Rechnet man dazu, dass viele nur im Zuge der Aktion 20.000 eine Stelle gefunden haben, ist die Zahl der Arbeitslosen sogar gestiegen.

Wifo-Ökonom Mahringer sagt, dass sich diese Entwicklung in den kommenden Jahren nicht ändern wird. Die Konjunktur schwächelt bereits, und die Zahl der Älteren, die am Arbeitsmarkt ist, nimmt tendenziell weiter zu.

Mahringer sagt daher, dass die Aktion 20.000 als Versuch angesehen werden sollte, inwieweit ältere Menschen noch produktiv eingesetzt werden können, und zwar auch dann, wenn sie nicht in ungeförderte Beschäftigung kommen können. Die Aktion 20.000 hat natürlich Kosten verursacht. Die geschaffenen Stellen wurden zu 100 Prozent bezuschusst. Wie hoch die staatlichen Kosten für das Projekt waren, ist noch nicht klar.

Geförderte Jobs statt Sozialleistungen

Eine genaue Berechnung des Instituts für Höhere Studien (IHS) läuft noch. Mahringer argumentiert, dass es jedenfalls besser sein dürfte, Menschen in geförderte Jobs zu bringen, wo sie ihre Talente nutzen können, als sie mit Sozialleistungen zu alimentieren, während sie nichts tun.

Für diese Argumentation lassen sich in der Evaluierung von Prospect auch Belege finden: Mehr als 90 Prozent der über 3000 Menschen, die einen Job im Zuge der Aktion bekommen haben, hatten das Gefühl, etwas Produktives für die Allgemeinheit zu tun. Die Abbrecherquote lag bei 20 Prozent.

Laut Prospect ist das angesichts der schwierigen Gruppe ein guter Wert. Ältere Arbeitslosen kämpfen im Vergleich öfter mit gesundheitlichen Problemen. Kurzum: Prospect sagt, dass viele ältere Arbeitslose das Angebot gut angenommen haben.

Eingliederungsbeihilfen greifen nicht immer

Aber was ist mit anderen Eingliederungsbeihilfen? So gibt es etwa ein AMS-Programm, bei dem Unternehmen, die arbeitslose Menschen über 50 einstellen, einen Teil der Arbeitskosten ersetzt bekommen. Mahringer sagt, dass dieses Programm bei vielen Problemfällen nicht greift.

Wenn ein Unternehmen einen Jobsuchenden über 50 nimmt, wenn der Job eine Zeit teilgefördert ist, dann weil man testet, ob der neue Dienstnehmer auch produktiv genug ist. Bei vielen Jobsuchenden über 55 sei genau diese am Markt nachgefragte Produktivität nicht mehr gegeben, so Mahringer. (András Szigetvari, 18.12.2019)