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Nicht immer ist der Kauf die beste Variante, auch wenn der Traum vom Eigentum verlockend ist.

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Es ist eine Frage, die sich viele stellen: Soll ich weiter Miete zahlen oder das Geld nicht doch besser in einen Kredit stecken, damit mir die eigenen vier Wände irgendwann gehören? Das alles überstrahlende Argument ist oft, dass man am Ende der Laufzeit Eigentümer ist – während man, wenn man aus der Mietwohnung wieder auszieht, mit leeren Händen dasteht.

Kauf-Miet-Indikator

So simpel ist es aber nicht. In Wahrheit ist es äußerst kompliziert, herauszufinden, was das Beste für einen ist. Sehr viele Parameter spielen eine Rolle, nicht alle davon sind finanzieller Natur, viele aber schon. Da wird dann etwa der sogenannte Kauf-Miet-Indikator herangezogen, um zu überprüfen, mit welcher Variante man besser dran ist. Er gibt an, wie viele Jahresmieten für den Kauf derselben Immobilie benötigt werden. Als Faustregel gilt: Ein Wert bis 20 spricht eher für einen Kauf, darüber ist es eventuell besser, wenn man mietet.

Freilich spielt da noch vieles andere eine Rolle: Wie viel an Eigenmitteln hat man zur Verfügung, und welche Kreditsumme benötigt man, zu welchem Zinssatz bekommt man das Geld? Auch wer nur 100.000 Euro an Kredit aufnimmt, mit einer jährlichen Rate von zwei Prozent und zehn Jahren Laufzeit, zahlt mehr als 15.000 Euro an Zinsen. Das muss man beim Kauf ebenso berücksichtigen wie die Nebenkosten (Grundbucheintragung etc.), die meist zehn Prozent des Kaufpreises ausmachen. Als Grundregel gilt: Je kürzer man eine Eigentumswohnung besitzt, desto teurer wird es. Auch deshalb, weil trotz der Wertsteigerung der Immobilie (auf die man sich aber nicht verlassen sollte) dann oft die Nebenkosten des Kaufs nicht mehr lukriert werden können.

Die einfache Antwort, ob Miete oder Kauf besser ist, gibt es daher nicht, es kommt immer auf den Einzelfall an.

Fall 1: Kauf auf Vorrat

Cornelia und Bernhard sind beide schon Mitte 50 und haben sich über die vielen Jahre in ihrer günstigen Mietwohnung einiges angespart. Der Mietvertrag stammt noch von Bernhards Eltern aus den 1970er-Jahren. Sohn Alexander ist gerade auf dem Sprung, flügge zu werden, und so überlegt das Paar, sich selbst noch einmal etwas zu gönnen und dem Sohnemann die günstige Mietwohnung zu überlassen. Sie haben relativ sichere Jobs und können schon für die Pension planen.

Viele ihrer Freunde haben in den vergangenen Jahren in Immobilien investiert, zumeist allerdings in Anlegerwohnungen – denn die Freunde leben alle schon lange im Eigentum. Sie selbst hätten gern eine Selbstnutzerwohnung, sind sich aber auch im Klaren, dass sie dafür ihre gewohnte Nachbarschaft aufgeben müssten. Die Überlegungen, die sie anstellen, betreffen aber noch viel mehr Dinge: Unter dem aktuellen – und sicher noch länger anhaltenden – Niedrigzinsniveau ist eine Investition in Immobilien eine sichere und ertragreiche Alternative. Selbst wenn sie eine Vorsorgewohnung erwerben würden und diese leer stünde, wäre die zu erwartende Wertsteigerung (auch wenn sie für die Wohnung die Betriebskosten zahlen müssten) längerfristig betrachtet wohl kein Verlustgeschäft.

Am klügsten erscheint es ihnen jedenfalls, später in der Pension Wohneigentum zu besitzen – wer auch immer dann die Immobilie bewohnt. Sie kaufen sich also bei einem Bauträger eine Zweizimmerneubauwohnung und vermieten sie zunächst befristet auf fünf Jahre. Kredit benötigen sie keinen, die Mieteinnahmen sind ein willkommenes Zusatzeinkommen. Nach den fünf Jahren werden sie erneut überlegen, was sie mit der Wohnung machen.

Fall 2: Sparen auf Pensionswohnung

Klaus und Barbara, beide Ende 30, und ihre Kinder Tobias und Selina leben derzeit in einer 100 m² großen privaten Mietwohnung mit guter öffentlicher Anbindung und einer monatlichen Gesamtmiete von 1200 Euro. Sie denken schon an die Pension und wollen dann lieber Eigentum haben, anstatt des zwar unbefristeten, aber doch teuren Mietvertrags. Und sie wollen den Kindern auch etwas hinterlassen.

Sie wollen aber nicht ins Grüne, sondern in der Stadt bleiben, wo sie kein Auto brauchen. Der Nachteil: Eine ausreichend große Eigentumswohnung ist hier viel teurer als ein Haus oder eine Wohnung mit gleich großer Wohnfläche im Umland. 500.000 Euro, mit dieser Summe müssen sie rechnen, noch ohne die üblichen Kaufnebenkosten von acht bis zehn Prozent. Um 550.000 Euro könnten sie mehr als 30 Jahre in ihrer jetzigen Wohnung zur Miete leben.

Sie wägen ab: Etwas Eigenmittel haben sie, ein Kredit wäre aber nötig, mit einer Laufzeit von mindestens 20 Jahren. Die Wohnung wäre beim Antritt der Pension zwar ziemlich sicher abbezahlt, im Ruhestand dann also nur noch die Betriebskosten zu zahlen (die sie natürlich auch beim Vergleich der Gesamtmiete mit der monatlichen Kreditrate berücksichtigt haben), und außerdem ist mit einer Wertsteigerung zu rechnen (verlassen darauf sollte man sich aber nicht – das wissen sie ebenfalls).

Dabei darf allerdings nichts passieren: Keine längere Erwerbslosigkeit, keine lange Krankheit. Auch ohne solche Krisen wären sie nach dem Kauf wesentlich unflexibler als jetzt. Die Veräußerung einer Immobilie dauert wesentlich länger als etwa der von Wertpapieren. Apropos: Weiterhin die Miete für die große Wohnung zu zahlen, solange die Kinder noch im Haus sind, daneben anzusparen für eine Wohnung in der Pension, die dann wesentlich kleiner sein könnte – das erscheint ihnen fast als die klügste Variante. Und so bleiben sie erst einmal Mieter.

Fall 3: Mietkauf im Zweifel

Jürgen und Sonja leben seit zehn Jahren mit den Kindern Emil und Lara in einer Genossenschaftswohnung und haben nun die Möglichkeit, die gesetzlich vorgeschriebene Kaufoption zu ziehen, also die Genossenschaft um ein Angebot zum Erwerb der Wohnung zu ersuchen. Das machen sie auch, denn sie fühlen sich wohl in der Wohnung und in der Umgebung, die Wohnung ist mit 90 m² groß genug für die vier, und es erscheint ihnen sinnvoll, Eigentum zu erwerben. Sie haben beim Einzug 45.000 Euro an Finanzierungsbeitrag bezahlt, das wird ihnen nun auf den Kaufpreis angerechnet.

Der Preis, den ihnen die Genossenschaft nennt, ist etwas höher als erwartet, lässt sich aber mithilfe eines Kredits aufbringen. Dennoch zögern sie: Ist es tatsächlich notwendig, die Wohnung zu erwerben, oder sind sie nicht mit dem unbefristeten Mietvertrag viel besser dran? Sie würden finanziell kein Risiko eingehen und könnten das Geld, das ihnen monatlich übrig bleibt, ja in einen Fonds investieren. Als Mieter ist das Leben außerdem relativ sorgenfrei, als Eigentümer übernimmt man hingegen auch Verpflichtungen, die die Erhaltung der Wohnung und des Hauses mit sich bringen.

Eines lässt sie aber nicht los: Die Wohnungspreise werden weiter steigen. Werden sie sich in zehn oder fünfzehn Jahren, wenn die Kaufoption erloschen ist, noch Wohneigentum auf dem freien Markt leisten können? Die Wohnung würde jetzt immer noch etwas weniger als den Marktpreis kosten, wäre anfangs aber auch nicht frei vermietbar und aufgrund der geltenden Spekulationsfrist auch länger nicht gewinnbringend zu verkaufen. Dennoch entscheiden sie sich für den Kauf. (Martin Putschögl, 26.12.2019)