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Der Mord an dem Investigativ-Reporter Ján Kuciak und seiner Verlobten Martina Kušnírová führte in der Slowakei zu Massenprotesten. Nun beginnt der Prozess.

Foto: REUTERS/David W. Cerny

Bratislava – In der Slowakei beginnt am Donnerstag der mit Spannung erwartete Gerichtsprozess im Fall des Mordes an dem Investigativreporter Ján Kuciak und seiner Verlobten Martina Kušnírová. Das Gerichtsverfahren gilt als das bedeutendste in der Geschichte des Landes und wird auch international mit großer Aufmerksamkeit verfolgt.

Die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) hat vor Beginn des Prozesses Gerechtigkeit für den Investigativjournalisten gefordert. Der Gerichtsprozess "wird zeigen, ob in einem demokratischen EU-Land die Pressefreiheit über der Selbstjustiz mächtiger Geschäftsmänner steht", so ROG-Österreich-Präsidentin Rubina Möhring am Mittwoch in einer Aussendung.

Der 27-jährige Aufdeckreporter Kuciak und seine gleichaltrige Partnerin wurden am 21. Februar 2018 im eigenen Haus in Velka Maca, rund 60 Kilometer östlich der Hauptstadt Bratislava, erschossen. Als Hintergrund der Tat wurde sofort die journalistische Arbeit von Kuciak vermutet. In seinem letzten, postum veröffentlichten Artikel für den Nachrichtenserver aktuality.sk hatte er über das Unwesen Mafia-naher italienischer Unternehmer in der Ostslowakei berichtet, deren Einfluss bis in höchste Regierungsspitzen reichte.

Landesweite Massenproteste

Der Mord am dem jungen Journalisten hat die Slowakei gesellschaftlich und politisch extrem erschüttert und führte zu landesweiten Massenprotesten. In deren Folge war der damalige sozialdemokratische Ministerpräsident Robert Fico zum Rücktritt gezwungen.

Nach einer Regierungsumbildung sollte sein Nachfolger Peter Pellegrini das Land wieder stabilisieren. Die ursprüngliche Drei-Parteien-Koalition blieb aber an der Macht, auch ist Fico weiterhin Vorsitzender der stärksten Regierungspartei Smer, was für Unmut vieler Slowaken sorgt.

Umfangreiche Ermittlungen, wie sie die Slowakei noch nie zuvor erlebt hat, bestätigten schließlich auch den journalistischen Hintergrund des Kuciak-Mordes. Ende September des vergangenen Jahres wurden bei einer groß angelegten Polizeirazzia im Süden des Landes vier Tatverdächtige festgenommen: Alena Zsuzsova, die angebliche Organisatorin, Zoltan Andrusko, der den Mord vermittelt haben soll, sowie zwei mutmaßliche Durchführer, Tomas Szabo und Miroslav Marcek.

Geschäftsmann als Drahtzieher beschuldigt

Einer der Verdächtigen wurde bald darauf geständig, seine Hinweise führten die Polizeiermittler zum eigentlichen mutmaßlichen Drahtzieher des Journalistenmordes. Im März dieses Jahres wurde der kontroverse slowakische Geschäftsmann Marian Kocner beschuldigt, den Mord in Auftrag gegeben zu haben. Jan Kuciak hatte mehrmals auch zu seinen dubiosen Geschäften recherchiert. Ende Oktober wurde im Fall Anklage erhoben.

Im nun beginnenden Prozess steht Geschäftsmann Kocner als Hauptverdächtiger vor Gericht zusammen mit der mutmaßlichen Organisatorin und den beiden mutmaßlichen Durchführern des Doppelmordes. Allen vier droht im Falle einer Verurteilung Freiheitsentzug von 25 Jahren bis lebenslang. Andrusko, der fünfte Angeklagte im Fall, bekommt für seine Mithilfe bei den Ermittlungen ein gesondertes Verfahren und kann auch mit einer geringeren Strafe rechnen.

Der Prozessauftakt vor dem zuständigen Spezialisierten Strafgericht in Pezinok bei Bratislava am Donnerstag ist faktisch erst die Vorverhandlung der Anklageschrift und dementsprechend für lediglich einen Tag angesetzt. Der zuständige dreiköpfige Senat soll entscheiden, ob die Anklage angenommen oder der Fall wegen eventuell notwendiger Ergänzung den Ermittlern zurückgeschickt wird. Dennoch haben sich für die Gerichtsverhandlung nahezu 100 Journalisten akkreditiert, gut die Hälfte aus dem Ausland.

Bei einer Annahme der Anklage dürfte das Gericht auch den Termin der Hauptverhandlung festsetzen, die vermutlich frühestens im Jänner beginnen und somit zeitgleich mit dem Wahlkampf vor den wichtigen Parlamentswahlen am 29. Februar in der Slowakei verlaufen wird. (APA, 18.12.2019)