Birkenpech war so etwas wie der Allzweckkleber der Steinzeit. So befestigte Eismann Ötzi damit seine Pfeilspitzen an den Schäften. Die teerartige Substanz entsteht beim Schmoren bzw. Destillieren von Birkenrinde. Im einfachsten Herstellungsprozess legt sich Birkenpech an größeren Steinen an, die schräg über ein Feuer aus Birkenrinde gelegt werden. Es gibt aber auch deutlich kompliziertere Herstellungsmethoden, die ebenfalls früh und wohl schon bei den Neandertalern in Gebrauch waren.

Diese zwei Zentimeter kleine Brocken Birkenpech wurde zuletzt vor 5.700 Jahren in Dänemark gekaut.
Foto: THEIS JENSEN, UNIVERSITY OF YORK

Wissenschafter vermuteten aufgrund von Funden seit langem, dass Birkenteer in der Steinzeit auch gekaut wurde. Das könnte zum einen dazu gedient haben, die Substanz weichzuhalten. Zum anderen dürfte sie auch als eine Art "Heilkaugummi" verwendet worden sein, da Birkenpech einige antiseptische Wirkstoffe enthält. Paläogenetiker um Hannes Schroeder (Uni Kopenhagen), die einen 5.700 Jahre alten Birkenpechkaugummi untersuchten, fanden in dem kleinen Klumpen jedoch noch ganz andere Informationen.

Der Fundort des Birkenteerklümpchens.
Grafik: Theis Jensen et al., Nature Communications 2019

Verräterische Spuren

Gefunden wurde der kleine schwarze Brocken auf der dänischen Insel Lolland. Dass er gekaut worden war, verraten die Zahnabdrücke. Der zwei Zentimeter kleine Brocken enthielt aber noch ganz andere Informationen, wie die Forscher um Schroeder und Erstautor Theis Jensen im Fachblatt "Nature Communications" berichten. Sie konnten aus der DNA, die sich im Klumpen erhalten hat, detaillierte Rückschlüsse auf die Person anstellen, die ihn im Mund gehabt hatte.

Künstlerische Darstellung des Mädchens, das den Kaugummi zuletzt vor 5.700 Jahren im Mund hatte. Rechts vor ihr eine Stockente und Haselnüsse –ihre Nahrung, bevor sie das Birkenpech in den Mund nahm.
Illustration: Tom Björklund

Die Wissenschafter gehen aufgrund der extrahierten genetischen Daten davon aus, dass es sich bei der Person um ein Mädchen handelte, das schwarze Haare, dunkle Haut und blaue Augen hatte. Bestimmte DNA-Sequenzen lassen zudem aufgrund ähnlich dunkler Haut auf eine Verwandtschaft mit Sammler-und-Jäger-Kulturen aus Kontinentaleuropa zu. Vor 5.700 Jahren hatten sich in der Gegend freilich auch schon die ersten Bauern niedergelassen, was auf eine Parallelexistenz von Sammlern-und-Jäger-Kulturen und Ackerbaukulturen schließen lässt.

Ernährung und Gesundheit

Die Forscher fanden im Birkenpech freilich auch noch Hinweise darauf, was das Mädchen vor dem Kaugummikauen zuletzt gegessen hat: eine aparte Kombination aus Stockente mit Haselnüssen. In der Probe enthaltene DNA-Spuren erlaubten schließlich noch Rückschlüsse darauf, dass es um die Gesundheit der Kauerin nicht zum Besten gestanden sein könnte. Das Birkenpech enthielt Sequenzen des Epstein-Barr-Virus, das zu den Herpesviren gehört, sowie Fragmente des Erregers Porphyromonas gingivalis, der auf eine schwerere Form von Parodontitis hindeutet. (tasch, 18.12.2019)