Blick in die Superstruktur des Materials.

Foto: G. Springholz/Uni Linz

Linz/Wien – Topologische Isolatoren sind eine relativ neu entdeckte Materialklasse mit potenziellen Anwendungen in der Computertechnologie. In einer internationalen Zusammenarbeit unter maßgeblicher Beteiligung der Universität Linz ist es nun gelungen, eine weitere Eigenschaft der Materialien zu enträtseln, wie die Forscher im Fachjournal "Nature" berichten.

Topologie ist eigentlich ein Teilgebiet der Mathematik, das sich mit den Eigenschaften von Strukturen beschäftigt, die unter stetigen Verformungen erhalten bleiben. So ist etwa eine Kugel topologisch betrachtet dasselbe wie ein Teller, da man die Kugel nur flach drücken muss, um einen Teller zu erhalten. Eine Tasse dagegen unterscheidet sich von einem Teller grundlegend, da ihr Henkel ein Loch in der Struktur darstellt, das man beim Teller vergeblich sucht.

Isolation und Leitung

Die in der aktuellen Studie untersuchten topologischen Isolatoren weisen dagegen in ihrem Inneren andere Eigenschaften auf als an ihrer Oberfläche. Als Isolatoren leiten sie eigentlich keinen Strom, verhalten sich an der Oberfläche jedoch nahezu wie perfekte Leiter, die Strom fast verlustfrei transportieren.

Das könnte in Zukunft zum einen dazu dienen, den Energieverbrauch in der Datenverarbeitung zu reduzieren. Zum anderen könnten die speziellen Eigenschaften der Materialien die Konstruktion völlig neuartiger Bauteile ermöglichen. Im Raum stehen etwa Anwendungen für Quantencomputer oder in der Spintronik, wo der Spin von Elektronen anstelle ihrer Ladung als Informationsträger genutzt werden soll.

"Magnetische Bandlücke"

In einer umfangreichen internationalen Kooperation unter der gemeinsamen Leitung von Gunter Springholz vom Institut für Halbleiter- und Festkörperphysik der Universität Linz und Oliver Rader vom Helmholtz-Zentrum Berlin ist es nun erstmals gelungen, die sogenannte "magnetische Bandlücke" eines magnetisch dotierten, topologischen Isolators experimentell nachzuweisen und zu vermessen. Dabei stellte sich heraus, dass dieser zentrale Wert etwa fünfmal größer ist, als theoretisch vorhergesagt.

"Nach mehrjährigen Bemühungen ist es uns schließlich gemeinsam mit unseren Berliner Kollegen gelungen, den Effekt, der bereits vor zehn Jahren theoretisch vorhergesagt wurde, experimentell zu betätigen", sagt Springholz. Dafür benutzten die Forscher den deutschen Teilchenbeschleuniger BESSY II, während die Probenherstellung und die Analyse deren innerer Struktur in Linz erfolgten. Darüber hinaus enthält die Studie auch umfassende Computersimulationen und bindet weitere experimentelle Ergebnisse unter anderem vom Europäischen Synchrotron in Grenoble, dem Zentrum für Elektronenmikroskopie in Graz und dem Central European Institute of Technology in Brünn mit ein.

Neben dem erstmaligen Nachweis der Bandlücke stellt auch die Aufklärung der inneren Struktur des Materials einen zentralen Punkt in der aktuellen Arbeit dar. Um dem Material seine speziellen Eigenschaften zu verleihen, muss es nämlich mit Mangan-Atomen versetzt werden. "Früher ging man davon aus, dass sich diese Atome an regulären Gitterplätzen im Kristall befinden", sagt Springholz. "Wir konnten jetzt zeigen, dass sie in Wirklichkeit eine ganz neue Struktur bilden. Das erklärt auch die besonders große Bandlücke, die wir gemessen haben." (APA, red, 19. 12. 2019)