In der politischen Debatte erfreuen sie sich seit einiger Zeit extremer Beliebtheit: ob nun vom "kleinen Mann" die Rede ist oder den "einfachen Leuten". Rechtspopulisten von Donald Trump über Viktor Orbán bis hin zu Boris Johnson punkten in der politischen Arena, indem sie vorgeben, die Wünsche und Sorgen des breiten Volkes – das eben nicht zur Bobo-Elite gehört – verstanden zu haben und ernst zu nehmen.

Robert Misik greift auch für Linke unangenehme Themen auf.
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Der Autor Robert Misik hat ein spannendes Buch über die "falschen Freunde der einfachen Leute" geschrieben. Misik beschränkt sich nicht bloß darauf dazulegen, warum es gerade die angeblichen Kämpfer für den "kleinen Mann" sind, die diesen besonders schnell verraten, wenn sie erst an der Macht sind. Das wäre zu trivial. Misik bietet einen spannenden politischen Einblick dazu, wer diese einfachen Leute, bei ihm die (neue) Arbeiterklasse, eigentlich sind und was sie dazu antreibt, den Populisten ins Fangnetz zu gehen. Wobei Misik beschreibt, dass es eben immer nur um einen Teil der arbeitenden Bevölkerung und der einfachen Leute geht, weil viele für die Heilsversprechen der Trumps und Orbáns unerreichbar bleiben. Dabei bietet er interessante Beispiele an: In Wien etwa haben bei der Nationalratswahl 2017 in Margareten gerade 14 Prozent der Bürger die FPÖ gewählt, in Simmering aber 32 Prozent, obwohl die Bevölkerung in beiden Bezirken soziodemografisch recht ähnlich ist.

Misik führt den Leser gekonnt von einer Station zur nächsten. Er skizziert die Geschichte der Arbeiterklasse als politische Bewegung, die es in den 1960er-Jahren schafft, die materielle Absicherung für ihre Mitglieder zu erreichen. Just in dem Moment setzt die Individualisierung ein, der zunehmende Wettbewerb durch Globalisierung – und die gefühlte Sicherheit ist weg. Misik greift auch für Linke unangenehme Themen auf. Dazu gehört, wie in manchen "akademischen Milieus" auf angebliche Privilegien der "weißen Männer" geschimpft und wie die Sprache der einfachen Leute mitunter abgewertet wird. Misiks unkonventioneller Ratschlag an Politiker im Kampf gegen Populismus: "Man muss die Leute gernhaben." (András Szigetvari, 18.12.2019)