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Auto statt Kutsche und kein Hermelinmantel: Die Zeremonie fiel diesmal ungewöhnlich schlicht aus.

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Der britische Premierminister Boris Johnson will schon am Freitag seinen Brexit-Deal im Parlament einbringen.

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Die Vollendung des Brexits, mehr Geld fürs Gesundheitswesen, größere Investitionen in die öffentliche Infrastruktur, härtere Strafen für Gewaltverbrecher – mit bekannten Themen und einem Strauß von Gesetzesvorhaben hat die britische Regierung am Donnerstag die neue Sitzungsperiode des Unterhauses eingeläutet. Eine Woche nach seinem überzeugenden Wahlsieg betonte Premierminister Boris Johnson, er werde "rund um die Uhr arbeiten", um das in ihn gesetzte Vertrauen zu rechtfertigen. Er habe ein radikales Programm für die nächsten zehn Jahre.

Johnson und Corbyn auf dem Weg zur Queen's Speech. "Die Körpersprache der beiden ist unglaublich!", kommentierte die BBC-Politchefin Laura Kuenssberg auf Twitter.

"Die Priorität meiner Regierung ist der Austritt des Vereinigten Königreiches aus der Europäischen Union am 31. Jänner" – mit diesem Satz begann die gut neunminütige Rede von Königin Elizabeth II im Oberhaus. Traditionell wird die Regierungserklärung vom Staatsoberhaupt vorgetragen. Die 93-jährige Monarchin, an ihrer Seite Thronfolger Prinz Charles, war statt wie gewohnt mit der Kutsche diesmal im Bentley beim Parlament vorgefahren und trug zum mintfarbenen Kostüm einen passenden Hut statt der sonst üblichen Krone. Die vergleichsweise bescheidene Zeremonie wurde von der Regierung damit begründet, dass es sich um die zweite Queen's Speech binnen zehn Wochen handelte.

Mehr Geld für Forschung

Die Ansprache umfasste 29 Gesetzesvorhaben, darunter die Festschreibung des bereits ausgehandelten Vierjahresplans zur besseren finanziellen Ausstattung des Nationalen Gesundheitssystems NHS. Per Gesetz fixiert werden soll auch mehr Geld für öffentliche Schulen, den Straßenbau sowie für Forschung und Entwicklung, bei der die Insel gegenüber vergleichbar großen Industriegesellschaften hinterherhinkt.

Gewaltverbrechern, darunter auch Terroristen, drohen in Zukunft längere Gefängnisstrafen. Die Diskussion darüber hatte Premier Johnson im Wahlkampf unmittelbar nach dem Terrormord an der London Bridge vom Zaun gebrochen, bei dem im November zwei junge Leute (23 und 25 Jahre) von einem Islamisten niedergestochen wurden. Den Täter erschoss anschließend die Polizei. Tragischerweise hatten sich die Ermordeten für die raschere Eingliederung von Straftätern, die ihre Haftzeit abgesessen haben, in die Gesellschaft eingesetzt.

Klare Verhältnisse

Bereits am Donnerstag brachte die Regierung das Austrittsgesetz im Unterhaus ein. Damit wird der normale parlamentarische Ablauf auf den Kopf gestellt, der zunächst mehrere Tage für die Debatte über die Regierungserklärung vorsieht. Am Freitag tritt das Parlament zu einer Sondersitzung zusammen und berät in zweiter Lesung über das Gesetz, ehe es nach Weihnachten im Oberhaus analysiert und allenfalls abgeändert wird. Die erste Version des im Oktober mit Brüssel ausgehandelten Vertrages hatte das alte Unterhaus mit knapper Mehrheit verabschiedet; angesichts der klaren Verhältnisse nach der Wahl von vergangener Woche steht dem Austritt am 31. Jänner nichts mehr im Weg.

An diesem Tag wird das im Juli 2016 neu geschaffene Brexit-Ministerium aufgelöst und seine Teile in die Stabsstelle der Downing Street sowie das Kabinettbüro eingegliedert. Von dort waren bereits unter Johnsons Vorgängerin Theresa May alle heiklen Verhandlungen mit Brüssel geleitet worden; Brexit-Minister Stephen Barclay gilt in der Regierung als schwach und wenig zukunftsorientiert. (Sebastian Borger aus London, 19.12.2019)