Die SPÖ hatte am Handelsgericht und vor dem Wiener Oberlandesgericht Erfolg. Nun hob jedoch der OGH die entsprechenden Entscheide auf, was SPÖ-Geschäftsführer Deutsch erzürnt.

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Die ÖVP startete im Frühjahr 2019 auch folgende Fotoaktion: "Wer Ökostrom abdreht, dreht Atomstrom auf."

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Der Rechtsstreit um gegen die SPÖ gerichtete "Atomstrom"-Plakate der ÖVP geht in die nächste Runde. Nachdem der Oberste Gerichtshof (OGH) Urteile unterer Instanzen zugunsten der Volkspartei abgeändert hat, wenden sich die Sozialdemokraten nun an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR).

Es sei an der Zeit aufzuzeigen, dass auch Parteien in der öffentlichen Debatte kein Freiwild seien, sagt SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch. Die Verbreitung von "Fake-News" dürfe kein zulässiges Mittel der politischen Debatte werden.

SPÖ gegen Ökostromnovelle

Worum geht es? Die SPÖ hatte mit ihrer damals noch vorhandenen Sperrminorität im Februar im Bundesrat eine Ökostromnovelle zu Fall gebracht. Das motivierte die Volkspartei zu einer Plakataktion. "SPÖ sagt: Nein zu Ökostrom!" war darauf ebenso zu lesen wie "Österreich ist gegen Atomstrom, nur die SPÖ nicht. SPÖ vernichtet tausende Arbeitsplätze".

Die Sozialdemokraten beantragten einstweilige Verfügungen gegen die Plakate und waren damit sowohl vor dem Handelsgericht als auch vor dem Wiener Oberlandesgericht erfolgreich. Nun hob jedoch der OGH die entsprechenden Entscheide auf. Begründet wurde dies vom Höchstgericht damit, dass aufgrund des Abstimmungsverhaltens der SPÖ im Bundesrat zugespitzt argumentiert werden könne, dass sich die Partei dadurch nicht aktiv gegen Atomstrom eingesetzt beziehungsweise als einzige gegen die Novelle gestimmt habe.

Kritik oder Schädigungsabsicht?

Die SPÖ reagierte verstimmt. Mit dieser Entscheidung erlaube es der OGH, unter Verwendung des Arguments der Meinungsfreiheit am politischen Gegner nicht nur scharfe Kritik zu üben, sondern ihm tatsachenwidrig und in Schädigungsabsicht das Gegenteil von dem zu unterstellen, wofür er nachweislich und glaubwürdig seit Jahrzehnten eintrete. "Diese Form der Kritik geht zu weit und unterminiert den demokratischen Diskurs", begründet Deutsch, warum sich seine Partei an den EGMR wendet.

Für "wenig aussichtsreich" hält man in der ÖVP den Gang der SPÖ zum EGMR. Der OGH sei in seinem Entscheid relativ klar gewesen. Die frühere Umweltministerin und heutige Klubvize Elisabeth Köstinger rät den Sozialdemokraten, ihr eigenes Stimmverhalten kritisch zu hinterfragen.

Holzindustrie

Mit der Novelle wollte die türkis-blaue Regierung im Februar eine Verlängerung der auslaufenden Unterstützungszahlungen für Holzkraftwerke bis 2020 erreichen – bis ein neues Gesetz zur Förderung CO2-freier Energien in Kraft tritt. Die SPÖ argumentierte damals ihre ablehnende Haltung unter anderem mit zu wenig Transparenz. Weder gehe hervor, welche Kraftwerke von den geplanten knapp 150 Millionen Euro profitieren, noch, wie viel Geld einzelne Betreiber erhalten sollen. Es sei ein "Blankoscheck für die Holzindustrie", kein Ausbau erneuerbarer Energie, sagten die Sozialdemokraten. (red, APA, 19.12.2019)