Symbolbild

Foto: APA/Hans-Jürgen Wiedl

Wien – Eine 30 Jahre alte Frau ist am Donnerstag von einem Wiener Schwurgericht rechtskräftig in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen worden. Sie hatte versucht, sich und ihren sechsjährigen Sohn mit Tabletten zu vergiften. Nach Ansicht eines Gerichtspsychiaters handelte die Frau infolge ihrer psychischen Erkrankung in einem Zustand der Zurechnungsunfähigkeit und war damit nicht schuldfähig.

Ihre Mandantin habe sich zum Tatzeitpunkt in einer wahnhaften Psychose befunden, sagt Verteidigerin Astrid Wagner. Nachdem die Mutter wahllos Medikamente eingenommen hatte, zwang sie den Buben, drei Tabletten Quetiapin – ein Neuroleptikum, das zur Behandlung psychischer Störungen eingesetzt wird – und eine Lyrica-Pille, die als Angstlöser dient, zu schlucken. Der Bub überlebte, bleibende Schäden blieben ihm erspart.

Die Menge an Medikamenten wäre nicht geeignet gewesen, dem Jungen Schaden zuzufügen, meint Wagner. Dies bestätigte auch ein Toxikologe gegenüber den Geschworenen. Die Dosis reichte jedoch aus, eine "relevante Vergiftungsreaktion" zu bewirken.

Mutter litt an Schizophrenie

Weil Gerichtspsychiater Peter Hofmann im Vorfeld der Verhandlung bestätigt hatte, dass die Frau an wahnhaften Psychosen leidet und sich auch zum Tatzeitpunkt in einem solchen Zustand befunden habe, musste sich die 30-Jährige nicht wegen versuchten Mordes verantworten. Die Geschworenen kamen zum Schluss, dass die Krankheit ausschlaggebend für die Tat war.

"Ich hab' gedacht, es ist die Lösung. Ich hab' geglaubt, ich kann ihn nur so schützen, indem ich uns das Leben nehme", gab die Mutter zu Protokoll. Die Mutter bildete sich seit längerem ein, Verfolger in schwarzen Autos wären hinter ihr und ihrem Kind her: "Ich dachte, wenn sie uns erwischen, passieren schlimme Dinge mit uns. Folter. Dass der Kleine der Porno-Industrie zugeführt wird."

Großmutter fand die beiden bewusstlos

Am 9. März 2019 sah sie beim Einkaufen am Vormittag einen schwarzen Kastenwagen vorbeifahren: "Ich habe geglaubt, sie kommen uns holen." Zurück daheim hörte sie Stimmen aus der Nachbarwohnung, die "gewütet" hätten. Da habe sie beschlossen, Schluss zu machen.

Als die Mutter der 30-Jährigen, der die gesundheitlichen Probleme ihrer Tochter bekannt waren, diese telefonisch nicht erreichen konnte, hielt sie in der Wohnung Nachschau. Sie fand Tochter und Enkel schlafend bzw. bewusstlos vor. Die beiden kamen in ein Spital, wo festgestellt wurde, dass keine ernsthafte Gefahr für Leib und Leben gegeben war. Der Sechsjährige blieb über Nacht zur Überwachung im Krankenhaus und wurde am nächsten Tag entlassen. Er lebt inzwischen in einer betreuten WG, hat aber Kontakt zu seiner Mutter.

Ihren Angaben zufolge konsumiert die Frau seit ihrem 15. Lebensjahr Cannabis. Zusätzlich nahm sie jahrelang härtere Drogen, was die Entwicklung ihrer affektiven Psychose begünstigt haben dürfte. Die Alleinerzieherin ging keiner Beschäftigung nach, ihre Zeit verbrachte sie in ihrer Hietzinger Wohnung vorwiegend auf okkulten Plattformen im Internet, widmete sich dem Legen von Tarot-Karten und energetisierten Steinen. (APA, 19.12.2019)