Wladimir Putin lud auch dieses Jahr zur Medienaudienz.

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Die Jahrespressekonferenz von Wladimir Putin ist inzwischen fester Bestandteil des russischen Vorweihnachtsshow-Programms, so wie die Sowjetromanze "Ironie des Schicksals" zum russischen Silvester. Seit 2001 ist es die 15. Auflage, und damit die Selbstinszenierung auch nach so langer Zeit noch zieht, muss sie naturgemäß immer neue Rekorde produzieren: In diesem Jahr wurde – einmal mehr – der Rekord an akkreditierten Journalisten gebrochen: 1702. Wobei schon in den vergangenen Jahren klar wurde, dass nicht nur Journalisten auf der Veranstaltung zu sehen sind. Immerhin hat der Kreml diesmal die Größe der Plakate begrenzt, mit denen Medienvertreter um die Aufmerksamkeit Putins buhlen.

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Der Kreml-Chef selbst zog die Veranstaltung gewohnt routiniert (und mit der obligatorischen Verspätung) durch. Der allgemeine Tenor seiner Antworten blieb der Rhetorik vergangener Jahre treu: Bei sozialen Fragen wie medizinischer Versorgung, Umweltschutz oder Abfallbeseitigung räumte Putin zwar einzelne Probleme ein, betonte aber, dass es in die richtige Richtung gehe.

Mehr Kante zeigte der Kreml-Chef beim Thema Außenpolitik, obwohl er konkrete Aussagen auch hier vermied. Die jüngsten US-Sanktionen, die sich unter anderem gegen den Bau der Pipeline Nord Stream 2 richten, nannte er schädlich für das bilaterale Verhältnis und versprach, "spiegelgleich" darauf zu antworten. Zugleich sagte er aber, Russland sei bereit, das Abrüstungsabkommen New Start mit den USA zu verlängern.

Keine Attacke auf Kiew

Auch beim Thema Gas zeigte er sich prinzipiell gesprächsbereit. Russland wolle nicht nur den Transit durch die Ukraine weiter nutzen, sondern auch die Ukraine selbst wieder mit Gas beliefern und sei bereit, 20 bis 25 Prozent Rabatt zu geben. "Ich bin überzeugt, dass wir eine Lösung finden", gab er sich optimistisch.

Überhaupt vermied der Kreml-Chef diesmal scharfe Aussagen gegenüber Kiew und hielt das Thema Donbass relativ kurz.

Emotional wurde er lediglich bei der Frage nach den Widersprüchen beim Mord im Berliner Tiergarten. Erneut verschob er dabei den Akzent von der Frage nach der Identität des Täters auf die Persönlichkeit des Opfers. Den erschossenen tschetschenischstämmigen Selimchan Changoschwili bezeichnete er als Terroristen, der "frei in Berlin herumspazierte", obwohl er in Russland wegen der Beteiligung an einem U-Bahn-Anschlag gesucht werde. Dass es keinen offiziellen Auslieferungsantrag Russlands gab, begründete Putin damit, dass zuvor auf Ebene der Geheimdienste kommuniziert worden sei, dass dieser abgelehnt werde. Wenn Deutschland eine Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich wünsche, dann müsse sie sich auf alle Bereiche erstrecken, so der Kreml-Chef.

Auch ein wenig Geschichte

Nach über vier Stunden war das Potpourri aus Themen, in dem sogar Lenin und der Hitler-Stalin-Pakt Platz fanden, beendet. Neue Erkenntnisse brachte die Pressekonferenz kaum. Aber nach zwanzig Jahren ist dann irgendwann auch alles gesagt. Nächstes Jahr wird es wohl trotzdem wieder eine geben – mit noch mehr Journalisten. (André Ballin aus Moskau, 19.12.2019)