Die Güssinger-Quelle droht zu versiegen.

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Güssing ist zwar nicht der Nabel der Welt, steht aber immerhin im Zentrum einer ziemlich prickelnden Geschichte. Genauer gesagt: der Mineralwasserhersteller Güssinger, der am Donnerstag in die Pleite schlitterte. Die Handlung des burgenländischen Plots ist recht international. Ein russischer Geschäftsmann, sein bulgarischer Kontrahent, ukrainische Oligarchen und jede Menge FPÖ-Politiker mischen in der Sache mit. Die Streitparteien werden hin und wieder handgreiflich, manchmal auch richtig brutal: Zumindest ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Anstiftung zum Mord.

Wie alles kam

Doch der Reihe nach: Im Juni klickten die Handschellen. Der russisch-österreichische Unternehmer Andrei K. wurde in Untersuchungshaft genommen. Der Vorwurf der Ermittler: K. habe mehrere dunkle Gestalten der Ostmafia angestiftet, seinen bulgarischen Kontrahenten Stojan S. aus dem Weg zu räumen. Für die Behörden zählt K. zum Umfeld der "Diebe im Gesetz", man könnte auch sagen: russische Mafia. Seine Anwältin bestreitet alle Vorwürfe. Ein Gericht kam der Haftbeschwerde nach, es liege kein dringender Tatverdacht vor.

Das Bindeglied zwischen russischer und bulgarischer Geschäftswelt ist in dem Fall nicht das Schwarze Meer, sondern eine burgenländische Quelle: Güssinger. K. hatte schon länger größere Pläne in Österreich. Er versuchte 2012 gemeinsam mit den früheren Ministern Andreas Staribacher und Franz Löschnak (beide SPÖ) sowie Ex-OMV-Chef Richard Schenz die Alizee Bank zu kaufen. Vergeblich, denn die Finanzmarktaufsicht legte sich quer. Geglückt ist hingegen der Einstieg bei der Güssinger Beverages & Mineralwater GmbH. Doch ein paar Jahre später stellte die lange wohlgesinnte (russische) Sberbank die Kredite fällig, und K. suchte nach Geldgebern. Er fand sie im Bulgaren S., der dem Russen die Schulden abnahm und dafür Sicherheiten erhielt.

"Vergiss das Geld"

Doch beim Eintreiben der Forderungen von 11,4 Millionen Euro spießte es sich – die beiden Geschäftsleute deckten sich gegenseitig mit Klagen und Anzeigen ein. Das gipfelte 2018 in dem Vorwurf des Bulgaren, K. habe Auftragsmörder auf ihn angesetzt. Er legte dazu eine SMS vor: "... vergiss das Geld. Nimmst du die Anzeige von der Polizei gegen Andrei K. weg. Sonst werden deine Kinder ohne Vater leben."

Während es wirtschaftlich um Güssinger stiller wurde, wurden parteipolitische Quellen ruchbar. Sowohl der Russe als auch der Bulgare pflegen enge Kontakte mit der FPÖ. S. macht seit einigen Wochen Schlagzeilen, weil er als Geldgeber in einen angeblichen Mandatskauf der früheren EU-Abgeordneten Barbara Kappel involviert gewesen sein soll.

Und der Russe? Der gilt als Vertrauter von Johann Gudenus, der dafür im Herbst von einem Vertreter der bulgarischen Gegenseite im Wiener Hotel Marriott geohrfeigt wurde. Gudenus bestreitet allerdings, dass die Watsche etwas mit Güssinger zu tun gehabt habe.

Strohmänner

Die zweite Güssinger Leitung endet bei Thomas Schellenbacher. Das ist jener Ex-Abgeordneter der FPÖ, für dessen Mandat ukrainische Oligarchen viel Geld auf den Tisch gelegt haben sollen. Der Geschäftsführer von Güssinger war früher für eine Firma Schellenbachers tätig. Die Liste Jetzt glaubt, dass bei der Mineralwasserfirma Strohmänner für die Ukrainer am Werk sind, die auch am Semmering groß investieren wollten. Der Geschäftsführer bestreitet das allerdings.

Wie auch immer, das Mineralwasser rinnt derzeit nicht besonders gut den Hals hinunter. Das liegt vor allem am Diskonter Hofer, der für fast 80 Prozent des Absatzes verantwortlich zeichnete. Die Supermarktkette stoppte im Sommer den Einkauf, angeblich nicht zuletzt wegen der undurchsichtigen Vorgänge beim Lieferanten, in die Hofer nicht hineingezogen werden wollte. Jetzt wurde der Hahn weiter zugedreht. 17 Mitarbeiter bangen wegen der Pleite um ihre Jobs. Das Unternehmen versucht, die veralteten Anlagen zu erneuern und dann die Abfüllung wiederaufzunehmen. Vorausgesetzt, die Gläubiger stimmen zu, dass sie 80 Prozent ihrer Forderungen abschreiben. (Andreas Schnauder, 19.12.2019)