Es war ein historischer Moment und gleichzeitig ein Schlag ins Wasser. Donald Trump ist erst der dritte Präsident in der US-Geschichte, der sich im Kongress einem Amtsenthebungsverfahren stellen muss. Die Gefahr, dass er sein Amt verliert, ist allerdings praktisch null. Das liegt auch daran, dass die monatelangen Enthüllungen über den Amtsmissbrauch in der Ukraine-Affäre die öffentliche Meinung nicht bewegen. Was immer die Demokraten an Fakten und Argumenten vorbringen, prallt an der Teflonschicht des Präsidenten ab.

Dennoch hatten die Demokraten gar keine Wahl, als den Weg des Impeachments zu gehen – und dies nur wegen des Drucks aus dem linken Parteiflügel. Trumps Überzeugung, er stehe als Präsident über dem Gesetz und dürfe sich alles erlauben, was ihm finanziell oder politisch nützt, erschüttert die Grundfesten der amerikanischen Demokratie. Impeachment ist das einzige Mittel in der Verfassung, um das Staatsoberhaupt in die Schranken zu weisen.

US-Präsident Donald Trump.
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Doch weil eine Partei den Prozess als Verfassungsputsch anprangert und damit auch ihre Anhänger überzeugt, erweist sich diese Waffe als stumpf. Nicht nur das: Impeachment hat die letzten Reste einer sachlichen Debatte weggefegt und Washington in ein Schlachtfeld verwandelt, in dem es zwischen den beiden feindlichen politischen Lagern keine Mitte mehr gibt. In einer solchen Atmosphäre ist ein fairer Prozess, wie ihn sich die Gründungsväter erhofft haben, unmöglich.

Scheinverfahren

Das liegt vor allem an der republikanischen Partei, in der Trump nun die absolute Macht übernommen hat. Dass kein einziger republikanischer Abgeordneter für das Impeachment gestimmt hat, ist noch nicht überraschend. Dass alle Trumps per Twitter verkündete Rhetorik übernehmen, wonach die Demokraten Volksfeinde und Verräter sind, schon. Und im Senat plant die Führung ein Scheinverfahren, bei dem der Freispruch von Anfang an feststeht. Einst seriöse Politiker haben sich zu Fußsoldaten einer permanenten Hetzkampagne machen lassen. Auch wenn sie Trump insgeheim verachten, fürchten sie noch mehr die Basis, die immer entschlossener hinter ihrem Helden steht, je wilder dieser um sich schlägt. Trumps aggressiver Widerstand gegen das Impeachment bewegt die USA in Richtung einer illiberalen Demokratie.

Auch die früher oft zerstrittenen Demokraten schließen ihre Reihen; nur eine Handvoll von Abgeordneten ist vom Kurs ihrer Chefin Nancy Pelosi abgewichen. Die Partei eint ihre Aversion gegenüber dem Präsidenten, und genauso treibt der Hass auf den urbanen, höher gebildeten, liberalen und toleranten Teil der Gesellschaft den typischen Trump-Wähler an. Der ist männlich, ländlich, weiß und ohne College-Abschluss.

Zwei Amerikas stehen sich hier verbittert gegenüber und finden nicht einmal mehr eine gemeinsame Sprache, um miteinander zu streiten. Die Anti-Trumper sind zwar in der Mehrheit, doch ein veraltetes Wahlrecht stärkt die Republikaner im Senat – und damit auch in der Justiz sowie bei den Präsidentenwahlen. Das gibt Trump eine reale Chance auf eine – demokratisch fragwürdige – Wiederwahl.

Ein Land, in dem sich zwei große Parteien gegenseitig die Legitimität absprechen, spürt einen Hauch von Bürgerkrieg. Noch sind die USA nicht so weit. Aber der Schaden, den die Trump-Präsidentschaft anrichtet, wird noch lange zu spüren sein. (Eric Frey, 19.12.2019)