Trotz Terrorplänen verstärkt die Polizei die Sicherheitsmaßnahmen um Wiens Weihnachtsmärkte nicht. Auf dem Rathausplatz stehen schon länger Poller.

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Im Fall der drei Männer, die Terroranschläge auf Wiener und andere europäische Weihnachtsmärkte geplant haben sollen, tun sich Fragen auf. Wie berichtet soll ein 24-jähriger, aus Georgien stammender Tschetschene, der wegen islamistischer Terrordelikte einsitzt, aus der Haft heraus Ausbruchs- und Attentatspläne geschmiedet haben.

Mithilfe von in die Justizvollzugsanstalt eingeschmuggelten Handys soll er mit zwei damals in Freiheit lebenden Tschetschenen russischer Staatsbürgerschaft in Kontakt gestanden haben. Die beiden 25 und 31 Jahren alten mutmaßlichen Komplizen befinden sich seit vergangener Woche in Wiener Neustadt in U-Haft.

Zu diesem Zeitpunkt wurde auch die Öffentlichkeit über den Terrorverdacht gegen die drei informiert. Der 24-jährige Drahtzieher habe aus der Justizvollzugsanstalt Hirtenberg, wo er seine Strafe absaß, ausbrechen und zur Weihnachtszeit Terrorangriffe durchführen wollen, hieß es. Man habe ihn daher in ein Hochsicherheitsgefängnis verlegt; dem Vernehmen nach in die Justizvollzugsanstalt Stein.

Zahlen zu Terrorismus-Verfahren im Vorjahr.
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Diese Übersiedlung dürfte jedoch deutlich früher stattgefunden haben; laut dem STANDARD vorliegenden Information vor rund zwei Monaten. Darauf lassen auch Berichte in Kurier und ServusTV schließen. In ihnen ist etwa von Kontakten des Hauptverdächtigen mit einem weiteren nach missglückten islamistischen Attentatsplänen in Stein inhaftierten Mann im November die Rede.

Zahlreiche Unklarheiten, wenige Antworten

Seit wann also wussten die Behörden von den mutmaßlichen Terrorplänen des 24-jährigen Georgiers? Was gab den Ausschlag, um die Öffentlichkeit vergangene Woche zu informieren? Am Donnerstag gab es auf diese Frage weder im Justiz- noch im Innenministerium Antworten.

Unklar war bis dato auch, auf welcher aufenthaltsrechtlichen Grundlage sich der hauptverdächtige Georgier in Österreich befindet. Laut STANDARD-Informationen wurde ihm und seiner Familie 2012 Asyl zuerkannt; daher brachte man sie nach Österreich zurück, nachdem der damals 22-Jährige, seine Mutter und seine Ehefrau 2015 in der Türkei aufgegriffen worden waren. Sie wollten sich der Terrormiliz IS in Syrien anschließen.

2017 wurde dem Georgier und seiner Familie der Asylschutz gestrichen. Derlei Aberkennungsverfahren sind in Fällen schwerer Kriminalität wie Terrorismus gesetzlich vorgeschrieben. Da der Familie aber in der Heimat schwere Verfolgung droht, ist sie nicht abschiebbar; auch das ist in nach derlei Aberkennungen häufig der Fall.

Zu wenig Geld für Deradikalisierung

Nach Kritik von Seelsorgern an den mangelnden Mitteln für die Betreuung in Haft – trotz steigender Inhaftierungen wegen Terrordelikten – kommt nun auch Kritik an der Nachbetreuung in der Bewährungszeit. Die Deradikalisierung sei nicht immer finanziell abgesichert.

Auf Nachfrage bestätigt der Verein Derad, dass die Finanzierung der Deradikalisierungsarbeit, die man leiste, durch die Gerichte nicht immer funktionieren würde – auch wenn dafür eine Weisung erteilt worden sei. Vom Justizministerium heißt es dazu jedoch, wenn eine Justizanstalt eine Nachbetreuung vorschlage und es eine gerichtliche Weisung dazu gebe, würden die Kosten für die Nachbetreuung übernommen. Für den Hauptverdächtigen im aktuellen Fall gab es laut Derad übrigens keine Weisung. Ihn traf man ehrenamtlich, so Derad. (Irene Brickner, Gabriele Scherndl, 19.12.2019)