Empowerment als Wohlfühlkino: Shia LaBeouf (re.) und Zack Gottsagen in "The Peanut Butter Falcon".

Tobis / Seth Johnson

"Everybody knows you never go full retard." Klingt gemein, ist aber entlarvend. Was der eine Schauspieler dem anderen in der Komödie Tropic Thunder als Tipp mit auf den Weg gibt, trifft zu: Behinderte im Film sollten nicht "bloß behindert", sondern à la Rain Man mit einer Inselbegabung gesegnet sein. Und wenn schon nicht das, dann müssen alle etwas fürs Leben lernen können. So klappt's theoretisch auch mit der Auszeichnung oder auch nur mit "Prädikat wertvoll".

Dieses hat sich nun The Peanut Butter Falcon redlich verdient, allein schon, weil darin der Protagonist an einer Beeinträchtigung leidet, die der Schauspieler auch in echt hat. Tyler Nilson und Michael Schwartz inszenieren ihr Debüt rund um eine Figur mit Downsyndrom (Zack Gottsagen), die ausbüxt. Der Protagonist zieht gemeinsam mit einem Naturburschen (Shia LaBeouf), der ihn zu seinem Wrestler-Idol führen will, damit er ein paar Moves mit ihm üben kann, durch den Sumpf.

Der Trailer lässt Schlimmes vermuten: Sundance-Wohlfühlkino, Arthouse light, unterlegt mit Kitschpop. Man weiß von Anfang an schon, um welche Art Film es sich handelt: Schema F (für fad).

Sumpfromantik

Nahezu sämtliche Befürchtungen treffen zu, aber ganz so arg kommt es dann doch wieder nicht (nicht zuletzt, weil er nicht fad ist). Obwohl: Es menschelt gar sehr in diesem "Road"-Movie Marke Sumpfromantik.

Wenn im Score nicht an Banjos gezupft wird, erklingt die Fiedel oder auch ein Gospel-Ständchen. Wie der Sound, so auch das Bild: Der Weg durch Wucherschilf in diesiger Südhitze ist voll kerniger Charaktere und rachsüchtiger "Rednecks" (John Hawkes gibt den Anführer). Noch dazu ist Zack und Shia eine Sozialarbeiterin (Dakota Johnson) auf den Fersen.

Selbstverständlich lernen beide auf ihrer Odyssee viel voneinander: unter anderem das Herz zu öffnen und die Loner-Pose abzulegen. Und zwar mehrmals im Film im abgenudelten Happy-Montage-Modus. Später lernt auch Dakota etwas – und wir noch zusätzlich mit ihr, dass Menschen mit Behinderung nicht bloß Objekte paternalistischen Samthandschuh-Zugriffs sind, sondern Showkämpfer.

Das wirkt lieb und soll auf Empowerment zielen, kommt aber eher problematisch rüber, weil Behinderung ja doch wieder Mehrwert abwerfen muss (siehe oben). Schaler noch wird die Message dann, wenn man sich selbst vorkommt wie ein Objekt auf der Flucht vorm penetrant Gutgemeinten. (David Auer, 19.12.2019)