Bessere mobile Vernetzung verspricht der neue Mobilfunkstandard 5G. Ob er auch die für die Industrie nötige Zuverlässigkeit mit sich bringt, soll nun getestet werden.

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Salzburg – Der neue Mobilfunkstandard 5G ist das nächste große Ding in der Welt der drahtlosen Kommunikation. In den kommenden Jahren soll er schrittweise die bestehenden LTE-Netze ablösen. Dabei werden erstmals nicht nur Privatanwender adressiert, sondern explizit auch industrielle Anforderungen, etwa in Form der M2M-Kommunikation (machine to machine), also beim automatisierten Datenaustausch zwischen Maschinen.

Einsatzmöglichkeiten finden sich unter anderem beim autonomen Fahren, in intelligenten Stromnetzen, aber auch in klassischen Produktionsprozessen in der Industrie. "Für solche Anwendungen sind Eigenschaften wie Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit der Netze viel wichtiger als die Bandbreite", sagt Peter Dorfinger, Leiter des Advanced Networking Center bei der Salzburg Research Forschungsgesellschaft. Denn wenn beim mobilen Surfen mit dem Smartphone plötzlich das Video ruckelt, ist das zwar lästig, aber nicht dramatisch.

Gibt es hingegen in einer industriellen Produktionsanlage oder in einem Kraftwerk Probleme mit dem Netzwerk, kann die Situation schnell kritisch werden. Die Gründe, sich dennoch für die drahtlose Kommunikation zu entscheiden, sind verschieden. Zum einen entfallen Aufwand und Kosten einer Verkabelung. Oft ist das schlicht nicht möglich – zum Beispiel, wenn Fahrzeuge Daten mit einer Leitstelle austauschen sollen. Manchmal fehlt die Infrastruktur für eine kabelbasierte Datenübertragung, etwa bei Wettermessstationen auf dem Berg.

Unabhängige Überprüfung

Das 2017 bei Salzburg Research eingerichtete 5G-MLab erforscht Methoden, um die Zuverlässigkeit von 5G-Funknetzen messbar zu machen. Das Labor wird vom Verkehrsministerium, vom Land Salzburg und aus Eigenmitteln finanziert. Es verfügt für die Laufzeit bis Mitte 2020 über ein Budget von rund 600.000 Euro. "Bisher gab es keine wirklich zuverlässige Drahtloskommunikation und somit auch keine Methoden zum Messen und Bewerten der Zuverlässigkeit in drahtlosen Umgebungen", meint Dorfinger. Diese Aufgabe sollte man nicht den Netzbetreibern überlassen, sagt der Experte.

"In der Industrie geht es oft um kritische Prozesse, deshalb sollte die Überprüfung unabhängig und transparent sein." Einen Königsweg zum Messen der Netzwerkzuverlässigkeit gibt es nicht – auch im Zeitalter von 5G ist jede Anwendung individuell zu betrachten. Aber grundsätzlich bestehen zwei Ansätze. Liegt in einem Netzwerk ein hoher, idealerweise zyklischer Datenverkehr vor, bietet sich ein Monitoring an. Man fungiert als Beobachter und prüft die Qualität des Datenverkehrs. Fließen jedoch nur selten oder unregelmäßig Informationen, kann man selbst aktiv Daten ins Netz einspeisen und kontrolliert, ob diese korrekt zugestellt werden.

Echtzeitnetze für die Industrie

In einem Projekt beschäftigen sich die Salzburger mit industriellen Echtzeitnetzen, die in der Steuerung von Produktionsmaschinen oder in Großanlagen wie Raffinerien zum Einsatz kommen. Dabei müssen Daten von Sensoren oft mit einer Geschwindigkeit von unter einer Millisekunde an die Steuerung und von dort weiter an die Aktoren übertragen werden. Solche Netzwerke sind aktuell erstens meist kabelbasiert und zweitens starr. Einmal eingerichtet, bleiben sie meist über viele Jahre unverändert. "Im Zuge von Industrie 4.0 ändern sich die Anforderungen", so Dorfinger. So sollen zum Beispiel kurzfristig neue Geräte ins Netzwerk eingebunden werden. Oder neue Sensoren kommen dazu, um die Funktionalität der Anlage zu erweitern. Dabei kommt die Hardware oft von unterschiedlichen Herstellern, was Kompatibilitätsprobleme mit sich bringt.

Ein Ansatz, um die dafür nötige Flexibilität zu gewährleisten, sind sogenannte Software-defined Networks (SDN). Dabei übernehmen nicht fix vorgegebene Regeln, sondern eine zentrale Software das Management des Datenverkehrs. Ein Kernelement dabei ist die Entkoppelung zweier Funktionen: zum einen die Bestimmung des Datenziels und zum anderen die tatsächliche Weiterleitung der Pakete dorthin. So lassen sich Datenverkehre hoch dynamisch an neue Anforderungen anpassen. Die Forscher konnten die grundsätzliche Tauglichkeit von SDN für Echtzeitnetzwerke zeigen. Bis die Entwicklung in den realen Betrieb kommt, können jedoch noch ein paar Jahre vergehen. Wenigstens zwei bis fünf, schätzt Dorfinger. (rl, 22.12.2019)