Szene aus "Germany's Next Topmodel". Die Wahrnehmung, was als schön gilt, ist formbar.

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Je mehr jemand fernsieht, desto eher findet er oder sie dünnere Frauenkörper schön. Das zeigt eine umfassende Studie über den Zusammenhang von Körperbildern und TV-Konsum. ForscherInnen der Durham University untersuchten das anhand von Männern und Frauen aus Dörfern in einem abgelegenen Gebiet von Nicaragua in Mittelamerika, die entweder regelmäßig oder kaum die Möglichkeit zum Fernsehkonsum hatten. Die Dörfer wurden ausgewählt, weil deren Bewohner ähnliche Einschränkungen bei Ernährung, Einkommen und Bildung hatten, aber einen unterschiedlichen Zugang zum Fernsehen.

Die Untersuchung zeigte, dass Menschen mit sehr beschränktem Zugang zum Fernsehen weibliche Körper mit einem höheren Body-Mass-Index (BMI) bevorzugen, während Menschen, die häufig fernsehen, dünnere Körper schön finden. Laut den ForscherInnenn ist dies ein Beleg dafür, dass das Fernsehen die Wahrnehmung von Körperidealen durch Menschen beeinflusst. Deshalb fordern sie Fernseh- und Werbechefs auf, Menschen aller Größen und Formen zu zeigen, um den Druck auf Frauen und Mädchen zu verringern, nach einem dünnen Körper zu streben.

Unzufriedenheit mit dem Körper

Die im "Journal of Personality and Social Psychology" veröffentlichten Ergebnisse zeigen, dass die Darstellung dieses "dünnen Ideals" in den Medien zu Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper führen kann und bei der Entwicklung von Essstörungen und Depressionen eine Rolle spielt. Lynda Boothroyd vom Psychologie-Institut der Durham University sieht daher eine moralische Verantwortung jener, die Fernsehen und Werbungen gestalten. "Die Menschen in den Dörfern in diesem Teil von Nicaragua hatten im Allgemeinen keinen Zugang zu Zeitschriften oder zum Internet, und keine der StudienteilnehmerInnen besaß ein Smartphone", erklärt sie. Nur die Menschen, die zu Hause mit Strom versorgt waren und das Geld für einen Fernseher und ein Abonnement hatten, konnten regelmäßig fernsehen. Diejenigen, die Zugang zum Fernsehen haben, sahen sich eine Mischung aus lateinamerikanischen Seifenopern, Hollywood-Actionfilmen, Musikvideos, Realityshows und Nachrichten an.

Formbare Wahrnehmung davon, was "schön" ist

299 Männer und Frauen aus sieben Dörfern im Pearl Lagoon Basin in Nicaragua nahmen an der Untersuchung teil. Sie füllten einen Fragebogen über ethnische Zugehörigkeit, Bildung, Einkommen, Ernährung, Sprache und TV-Konsum aus. Anschließend wurden sie gebeten, die Attraktivität von Bildern zu bewerten, die weibliche Körper in unterschiedlichen Formen und Größen zeigten. Die Ergebnisse zeigten, dass die Wahrnehmung von Schönheitsidealen davon beeinflusst wird, welchen Körperbildern diese Menschen visuell ausgesetzt sind. Lynda Boothroyd hat zuvor den gleichen Effekt bei Frauen in westlichen Gesellschaften festgestellt. Ob es diesen Effekt auch außerhalb von Industriegesellschaften gibt, wurde mit dieser Studie erstmals getestet. Die Studie zeige laut ForscherInnen somit deutlich, dass die Wahrnehmung von Attraktivität stark formbar ist und auch Menschen, die insgesamt wenig Medien konsumieren, stark beeinflusst werden. (red, 28.12.2019)