Meister der Vielfalt: Unter dem Pseudonym Leopold Karasek in Kurt Ostbahns Bandprojekt Chefpartie ist Gitarrist Karl Ritter ebenso tätig wie im experimentellen Bereich.

Porgy

Ein Musiker wird 60. Und obwohl es ihm vom Datum her sicher egal ist, ob "ich 58, 59, oder 62 bin", will Karl Ritter ein bisschen feiern. Im Porgy & Bess gibt er zwei Abende, die jene Vielfalt abbilden sollen, die den Gitarristen seit jeher ausmacht. Am Sonntag gäbe es von ihm "die reine Improvisation, sprich: Es ist alles absolut frei, nichts ist ausgemacht oder besprochen, geschweige denn geprobt", sagt der Mann aus Stockerau.

Zu diesem Zweck wird er mit Akkordeonist Otto Lechner und Cellistin Coleman jenes Ensemble bilden, das es "seit etwa 20 Jahren" gibt. Im zweiten Set weisse waende mit Drummer Herbert Pirker und Christian Reiner (Stimme) widmet man sich ebenfalls der Gedankenfreiheit. Die Story zur vierten CD des Trios weisse waende 10 gibt Hinweise auf ein interessantes Konzept. "Nachdem wir ja alle drei gern experimentieren, haben wir uns einen speziellen Spaß ausgedacht: Reiner hat dem Pirker und mir elf Titel mit Zeitangaben geschickt. Und jeder hat zu Hause auf die Titel und Längen bezogen mit seinem Instrument autonome Tracks aufgenommen, die wir dann im Computer einfach gleichzeitig laufen ließen. Zu unserer Überraschung funktionierten bis auf einen Titel alle."

Es ist also originelles Durcheinander zu erwarten, während am Montag unter dem Motto Liederabend erstens einige Instrumentalstücke "von mir erklingen. Danach gibt es Texte von Günter Brödl, die ich vertont habe – gesungen von Willi Resetarits. Also sprich: Es erklingen alle von mir komponierten Ostbahn-Lieder", erzählt Ritter, der bei Kurt Ostbahn als Leopold Karasek in die Saiten greift.

Rucksack voller Erfahrung

Auch wenn ihm das Alter – siehe oben – egal scheint: Ritter bestreitet nicht, dass Älterwerden etwas mit einem als Musiker anstellt: "Einer der positiven Aspekte ist, dass man einen Rucksack mit musikalischer Erfahrung hat, aus dem man sich bedienen kann, wodurch das Musikmachen immer mehr Spaß macht." Der Spaß vermag bei ihm in recht vielen Stilen Gestalt anzunehmen. Die reine Blues- und Rocklehre ist dabei, wie auch das freie Spiel und die Welt der experimentellen Sounds. Man würde annehmen, es gelte gewaltig umzudenken, wenn einer wie Ritter eine Stilwelt gegen eine andere tauscht. Ist aber nicht so. "Vieles geht ohne großes Nachdenken, Musikmachen ist ja etwas Selbstverständliches und funktioniert wie Reden. Man kann aufgrund seiner Erfahrung in fast allen Sprachen kommunizieren."

Wenn er jedoch eine Idee wie etwa das "soundritual" oder "crashtestjazz" umsetzen will, verlangt es natürlich einen "größeren organisatorischen Aufwand. Das Verrückteste, was er je tat? Dazu gehörten die Konzerte zu "meinen ,crashtestjazz‘-Experimenten. Zwei Ensembles spielen autonom und gleichzeitig je eine unterschiedliche Komposition." Wilde Sache. Ein bisschen was davon wird sicher auch im Porgy durchschimmern. Guitar Driver ist ein Dokumentarfilm über den österreichischen Musiker. (21.12.2019)