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Am Weihnachtsbaum liegt es nicht, dass den Pariser Galeries Lafayette derzeit die Kunden fehlen.

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Die Galeries Lafayette haben sich wieder einmal eine märchenhafte Szenerie einfallen lassen: Bienen, Engel und sogar ein riesiger Weihnachtsbaum schweben unter der glitzernden Glaskuppel des Pariser Kaufhauses. Nur die Kunden fehlen. Wegen des Metro- und Bahnstreiks und der entsprechend verstopften Straßen bleiben sie lieber zu Hause und kaufen ihre Geschenke im Internet.

Die Galeries Lafayette büßten schon am ersten Streiktag vor gut zwei Wochen die Hälfte ihres üblichen Umsatzes ein. Laut der Pariser Handelskammer CCI erleidet der Einzelhandel in der französischen Hauptstadt einen Einbruch um 30 Prozent – und das im wichtigsten Geschäftsmonat Dezember. CCI-Vorsteher Dominique Restino befürchtet einen irreversiblen Schaden: "Wenn die Leute online einkaufen, profitieren letztlich meist andere Anbieter."

Regierung hilft Gewerbetreibenden

Die französische Regierung hat angekündigt, dass die Pariser Gewerbetreibenden ihre Steuern und Abgaben erst 2020 entrichten müssen. Die Stadt Paris unterstützt sie mit 2,5 Millionen Euro. Diese Soforthilfe geht auch an die Restaurants und Bistros, die vor einem Jahr schon unter der Gelbwesten-Krise gelitten hatten.

Vor einem Jahr waren es die Gelbwesten, heute sind Angestellte der Bahnen und Metros, die streiken.
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Die Pariser Hotels verzeichnen laut Handelsministerin Agnès Pannier-Runacher massive Annullierungen von 30 bis 50 Prozent. Betroffen sind vor allem die im Dezember besonders zahlreichen Messen und Kongresse.

Für die eigentlichen Festtage sehen die Reiseveranstalter schwarz, da sich der Streik über die Festtage hinziehen könnte. Neujahr in der Lichterstadt ist vor allem bei Reisenden aus Italien, Spanien und Südamerika gefragt. Sie annullieren ihre Paris-Reisen en masse.

Noch keine genauen Zahlen

Genaue Zahlen gibt es noch nicht. Der Imageschaden für den Tourismusmagneten Paris ist jetzt schon erheblich. Die Bilder verstopfter Straßen und überfüllter Metrowagen lassen zwar oft außer Acht, dass der Flugverkehr kaum gestört ist; auch Air France befindet sich nicht im Streik. Hingegen erreichen die an den Flughäfen Roissy und Orly Angekommenen ihre Bleibe oft nur mit Mühe.

Gute Hotels tun ihr Bestes, um ihren Gästen zu helfen. Aber auch sie wissen oft nicht, ob die Museen, Konzertsäle oder Theater geöffnet haben oder nicht. Der Louvre und das Musée d’Orsay passen die Zahl der geöffneten Abteilungen täglich an das zur Verfügung stehende Personal an.

Die Pariser Oper – deren Tänzerinnen ihrerseits für ihre Spezialrenten streiken – gibt auch erst am Tag selbst bekannt, ob die abendliche Vorführung stattfindet. Wenn, sind die Ränge meist halbleer.

Kosten des Streiks unklar

Hart getroffen sind sowohl Kleintheater wie auch Großparks wie Disneyland Paris, das mit öffentlichen oder privaten Transportmitteln kaum mehr zu erreichen ist; im Stadtzentrum werden einzelne Sehenswürdigkeiten wie der Eiffelturm tageweise bestreikt.

Die Pariser Presse berichtet staunend, wie gut sich Touristen anpassen und mit Apps durchschlagen. Reisende berichten von langen Fußmärschen und Entdeckungen unbekannter Viertel und Aspekte der Seine-Stadt.

Die ökonomischen Konsequenzen des Streiks für die Gesamtwirtschaft sind unklar. Größere Nachschubprobleme sind bisher ausgeblieben. Blockaden von Treibstofflagern werden von der Polizei systematisch aufgehoben. In den Bahndepots stapeln sich allerdings die Frachtgüter. Transportfirmen sind ausgelastet.

Gesenkte Wachstumsprognose

Auch Online-Anbieter haben Konjunktur. Fahrräder und E-Trottinettes finden reißenden Absatz. Finanzminister Bruno Le Maire versichert, die französische Wirtschaft bleibe "robust". Das ist eine politische Aussage, die die Reformdynamik der Regierung unterstreichen soll.

Die Banque de France hat ihre Wachstumsprognose für 2020 soeben von 1,3 auf 1,1 Prozent gesenkt, führt das aber nicht auf die Streiks gegen die Rentenreform von Präsident Emmanuel Macron zurück, sondern auf den Handelskonflikt zwischen den USA und China.

Der letzte Bahnstreik von 2018 hatte Frankreich nach diversen Schätzungen eine Milliarde Euro gekostet. Ein Großteil konnte in den Folgemonaten gutgemacht werden. (Stefan Brändle, 21.12.2019)