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Baumann, der Österreicher.

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Abrakadabra: Baumann, der Deutsche.

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Marc Girardelli ist wohl der namhafteste Österreicher, der für eine andere Nation an den Start ging.

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Niemand hat Romed Baumann Steine in den Weg gelegt. Nicht der österreichische Skiverband, nicht der internationale und auch nicht der deutsche. Also hat der Hochfilzener nach der Hochzeit mit einer früheren deutschen Nachwuchsläuferin im Sommer die schwarz-rot-goldene Staatsbürgerschaft beantragt und diese ruck, zuck innert eines Monats erhalten. Weil besondere Verdienste für die Republik schlagend wurden, musste er die österreichische Staatsbürgerschaft nicht zurücklegen.

"Richtige Entscheidung"

Der Tiroler wollte unbedingt weitermachen, im ÖSV-Kader war aber kein Platz mehr für ihn, wie er bei einem Gespräch mit Herrencheftrainer Andreas Puelacher schon im Februar erfuhr. Baumann musste handeln. Und weil es mit Deutschland geklappt hat, fährt der 33-Jährige, der im Grenzort Kiefersfelden wohnt, nun für die Nachbarn ab.

Für manche Grund genug, mit Anfeindungen zu reagieren. "Nicht in persönlichen Gesprächen", sondern via World Wide Web. "Ins Gesicht sagt dir so etwas eh niemand. Und es wäre mir auch egal, ich habe die richtige Entscheidung getroffen. Was ein paar Deppen im Internet schreiben, juckt mich schon lange nicht mehr", sagt Baumann.

Eine perfekte Beziehung

Das Team habe ihn sofort aufgenommen und als einen von ihnen akzeptiert. Etwaige Komplikationen konnten vermieden werden, weil Baumann seinen Quotenplatz behielt und so niemandem einen Startplatz wegnahm. "Wir müssen nicht in die Qualifikation und können miteinander etwas weiterbringen", erzählt Baumann, der auch Know-how mitnahm.

Für Andreas Evers, der seit Sommer die Abfahrer um Thomas Dreßen und Josef Ferstl trainiert, ist Baumann "durchaus eine Bereicherung für das Team". Die Integration habe reibungslos geklappt, weil "er und seine Teamkollegen sehr umgängliche Typen sind und er gut dazupasst".

Auf die Frage nach den Erwartungen sagt der 51-jährige österreichische Trainerroutinier: "Schau ma mal. Seine Aufgabe wäre, schnell Ski zu fahren, damit er nach vorne kommt." Außer einem 15. Platz in der Abfahrt in Lake Louise, als Baumann der drittbeste Deutsche war, liegen heuer noch keine erwähnenswerten Ergebnisse vor. In Gröden kam der Abbruch des Super-G einem Start zuvor.

Unterschiede zum ÖSV

Dass ÖSV nicht gleich DSV ist, versteht sich. Unterschiede gibt es etwa beim Budget. "Da geht es beim ÖSV ein bisserl lockerer, aber das heißt nicht, dass mir beim DSV etwas abgeht. Es geht um Kleinigkeiten, Mitfahrgemeinschaften zum Beispiel, damit ein Auto weniger fährt", so Baumann.

Ob ihn die Leistungen seiner früheren Kollegen noch interessieren? "Die habe ich schon noch im Auge, so ist's nicht." Wenn man oft gemeinsam unterwegs ist, dann schweißt das zusammen. "Es ist vom Typus her der gleiche Schlag, egal ob auf dieser Seite der Grenze oder auf der anderen."

In finanziellen Angelegenheiten ist noch Luft nach oben. Nach der Anstellung bei der Bundeswehr hofft Baumann auch noch auf einen Kopfsponsor. Der Behördenplatz sei jedenfalls viel wert: "In Deutschland kann man dabeibleiben, solange man einen Kaderplatz hat, in Österreich ist nach vier Jahren Schluss."

Kein Einzelfall

Der zweifache Superkombi-Weltcupsieger (2009 in Sestriere und 2012 in Chamonix) und Kombi-Dritte bei der WM in Schladming 2013 reihte sich unter jene österreichischen Athleten ein, die für andere Nationen an den Start gingen: Marc Girardelli (ab 1976 für Luxemburg), Katharina Gutensohn-Knopf (1989, Deutschland), Claudia Riegler (1993, Neuseeland), Elfriede Eder (1998, Grenada), Josef Strobl (2004, Slowenien), Kilian Albrecht (2006, Bulgarien) und Fritz Dopfer (2007, Deutschland). Gutensohn-Knopf war mit je vier Abfahrtssiegen für Österreich und Deutschland als Einzige für zwei Verbände im Weltcup erfolgreich.

Über das Leben danach macht sich Baumann noch keine Gedanken, das Trainergeschäft ist eine Option. Zunächst sind aber die WM in Cortina d'Ampezzo 2021 und Olympia 2022 in Peking ein Thema. "Der Hannes (Reichelt, 39, Anm.) gurkt ja auch noch herum, und gar nicht so schlecht." (Thomas Hirner, 23.12.2019)