Ok, tief durchatmen. Das Football-Wochenende war intensiv und äußerst spannend. Die NFL spaltet sich derzeit in zwei Hälften: Während die besten Mannschaften eine optimale Ausgangslage für die Playoffs suchen, "kämpfen" die schlechtesten Teams der Liga um eine bessere Position im NFL Draft.

Die Nummer eins bleibt die Nummer eins

Die Baltimore Ravens haben sich den ersten Platz in der AFC und damit auch Heimrecht in den Playoffs und eine zusätzliche Bye-Week gesichert. Ein 31:15 Sieg über die Cleveland Browns reichte dazu. Lamar Jackson dürfte zum letzten Mal in der Regular Season zum Einsatz gekommen sein und durch eine weitere fantastische Leistung (20/31, 238 Yards, drei Touchdowns sowie 103 Rushing Yards) zum neuen MVP gekürt werden. Es war das fünfte Spiel in diesem Jahr, in dem Jackson über 100 Yard an Raumgewinn per Lauf beisteuern konnte.

Cleveland konnte zu Beginn noch relativ gut mithalten und die Ravens-Offensive einbremsen. Erst kurz vor der Pause fing die Maschine an zu laufen und Jackson legte mit einem Touchdown-Pass auf Mark Andrews los. Der Tight End war bester Passfänger Baltimores (sechs Catches, 93 Yards) und kam auf zwei Touchdowns. Mark Ingram und Justice Hill erreichten ebenfalls einmal die Endzone. Bitter aber: Ingram musste mit einer Unterschenkel-Verletzung vom Feld, wie schwer es ihn getroffen hat, steht noch nicht fest. Zwei Wochen Pause werden ihm aber gut tun. Baltimore dürfte kommende Woche die Starter schonen.

Ein Wort zu den Browns und auf die Gefahr sich zu wiederholen: Bitte liebe Browns, wechselt den Trainer aus. Freddie Kitchens ist sicherlich nicht die langfristige Lösung auf der Head Coach-Position. Das Playcalling ist äußerst hinterfragenswert, die Teamchemie scheint einen neuen Tiefpunkt erreicht zu haben. Odell Beckham Jr. hat seinen Unmut direkt an der Seitenlinie kundgetan. Die Fans sind erbost und quittierten die Leistung mit Buh-Rufen. Vielleicht nicht ganz fair, hat man schließlich gegen das aktuell beste Team der NFL gespielt. Aber auf Grund des großen Hypes vor der Saison, auch nicht ganz unverständlich.

Nicht mehr in eigener Hand

Einen bitteren Ausrutscher leisteten sich die Pittsburgh Steelers bei der 10:16 Niederlage gegen die New York Jets. Die Steelers haben sich dadurch eine mögliche Playoff-Teilnahme deutlich schwerer gemacht, das letzte Spiel kommende Woche gegen die Baltimore Ravens muss gewonnen werden, bei einer gleichzeitigen Niederlage der Tennessee Titans.

Devlin "Duck" Hodges begann bei den Steelers als Quarterback, wurde aber in der ersten Halbzeit nach zwei Interceptions durch Mason Rudolph ersetzt. Rudolph (129 Yards, 14/20)) warf den einzigen Touchdown-Pass der Steelers auf Diontae Johnson und verletzte sich später an der Schulter. Hodges kam wieder und konnte sein Team nicht mehr zum Erfolg führen (84 Yards, 11/17). Pittsburgh konnte wieder auf Juju Smith-Schuster setzen, der nach vier verpassten Spielen wieder dabei war (22 Yards). Auch Runningback James Conner war wieder am Feld, musste aber schon wieder mit einer Verletzung an die Seitenlinie. Center Maurkice Pouncey dürfte sich ebenfalls verletzt haben. Gebeutelt geht Pittsburgh also ins Saisonfinale kommende Woche. Mit einer starken Defensivleistung – wieder einmal angeführt von T.J. Watt (ein Sack, ein Forced Fumble & Recovery) – gibt es noch Hoffnung.

Die Jets haben das Problem, dass sie mittlerweile sechs Spiele gewonnen haben. Klingt blöd, ist aber so, da Head Coach Adam Gase alles andere als eine zufriedenstellende Personalie darstellt. Fans müssen weiterhin durchhalten und sollen diese Siege genießen – es darf befürchtet werden, dass nächstes Jahr ähnlich verläuft. Sam Darnold war brav (183 Yards, 16/26, ein TD), Le’Veon Bell gegen sein Ex-Team mau (72 Yards bei 25 Versuchen) und Rückkehrer Jamal Adams überall (acht Tackles, zwei für Raumverlust). Marcus Maye und Tarell Basham konnten Hodges intercepten. Marcus Maye sorgte gegen Ende des Spiels mit einer fabelhaften Verteidigung für das Play des Tages.

Titans verlieren und gewinnen doch

Eigentlich stellen Niederlagen für Teams mit Playoff-Hoffnungen in dieser Saisonphase das denkbar schlechteste Szenario dar. Die Tennessee Titans können sich aber trotz der 28:38 Niederlage gegen die New Orleans Saints als Sieger sehen, haben sie dank des Siegs des New York Jets über die Pittsburgh Steelers doch die bessere Ausgangslage im Playoff-Kampf.

Tennessee startete fulminant und ging durch einen Touchdown-Pass von Ryan Tannehill (17/27, 272 Yards, drei TDs) auf Jonnu Smith sowie einen Rushing-TD von A.J. Brown schnell mit 14:0 in Führung. New Orleans konnte nur mit einem Field Goal antworten, ehe im zweiten Viertel Drew Brees (27/38, 279 Yards, drei TDs) seinen Tight End Jared Cook in der Endzone fand. Nach der Pause sollte endlich wieder ein großer Auftritt von Alvin Kamara folgen. Der Runningback musste seit Woche drei auf einen Touchdown warten, konnte seine Mannschaft aber mit gleich zwei Scores in Führung bringen. Tennessee antwortete im direkten Gegenzug mit einem Touchdown durch Tajae Sharpe, ehe Brees abermals Cook für einen Touchdown fand. Sharpe kam in weiterer Folge auf seinen zweiten Touchdown und das Spiel wurde noch einmal spannend. Die Saints spielten zwischenzeitlich einen Fake-Punt, der aber nicht verwertet werden konnte, holten sich den Ball durch Rookie-Safety CJ Garnder-Johnson zurück. Ein weiteres Highlight stand auf dem Programm, Michael Thomas fand mit seinem zwölften Catch im Spiel die Endzone und stellte damit auch einen neuen Rekord auf: Der Passfänger konnte in der aktuellen Saison 145 Pässe unter Kontrolle bringen – mehr als jeder andere Spieler in einer Spielzeit je zuvor.

Die Saints werden die Regular Season schlechtestenfalls auf dem dritten Platz abschließen, schielen aber weiterhin auf eine Bye-Week. Dazu braucht es Schützenhilfe von den Minnesota Vikings am Montag, die die Green Bay Packers schlagen müssen. Tennessee muss kommende Woche gegen die Houston Texans gewinnen und man steht in der Postseason. Runningback Derrick Henry sollte wieder zur Verfügung stehen, er konnte gegen die Saints verletzungsbedingt nicht mitmachen.

Eagles mit Schlüsselsieg

Im Duell der Dallas Cowboys und der Philadelphia Eagles ging es um nicht weniger als um die Vorentscheidung in der NFC East. Die Eagles konnten sich dabei mit 17:9 durchsetzen und damit die Tabellenführung in der Division übernehmen. Philadelphia startete explosiv, ging im ersten Viertel mit 10:0 in Führung. Carson Wentz (31/40, 319 Yards) fand Tight End Dallas Goedert für seinen einzigen Touchdown-Pass des Abends. Das Spiel sollte in weiterer Folge abflachen, beide Mannschaften fanden keinen Ryhthmus, Dallas konnte in Form von zwei Field Goals aber zumindest auf einen Punkt näher kommen. Nach Seitenwechsel fand Wentz Greg Ward zum Big Play über 38 Yards, Rookie Miles Sanders schloss den Drive mit einem Rushing-Touchdown ab. Die Cowboys kamen wieder nur zu einem Field Goal und sollten die Partie schlussendlich verlieren.

Nach dem fulminanten Sieg über die L.A. Rams zeigten die Cowboys wieder ein vollkommen anderes Gesicht, Dak Prescott (25/44, 265 Yards) fand vor allem in Third-Down-Situationen viel zu selten seine Mitspieler, Ezekiel Elliott war praktisch im gesamten Spiel kein Faktor (47 Yards bei 13 Versuchen). Philadelphias Lazarett konnte einen wichtigen Sieg feiern und hat damit alle Zügel selbst in der Hand. Ein Sieg in der Abschlussrunde kommende Woche reicht zur Playoff-Teilnahme. Dallas muss zittern, selbst gewinnen und auf eine Niederlage der Eagles hoffen.

Cardinals größer Seahawks

Kyler Murray und die Arizona Cardinals feierten einen 27:13 Erfolg bei den Seattle Seahawks. Letztere starteten perfekt in das Spiel, schlossen den ersten Drive über 89 Yards und einen Touchdown von Russel Wilson (16/31, 169 Yards, ein TD) auf Nick Bellore ab. Danach riss der Faden Seattles vollkommen, die Cardinals Defensive hielt Seattle insgesamt bei 224 Total Yards. Der Verlust der beiden Runningbacks Chris Carson und C.J. Prosise, die beide wegen Verletzungen nicht dabei waren, wog schwer. Cardinals Pass Rusher Chandler Jones spielte einmal mehr groß auf, riss Wilson gleich viermal zu Boden und konnte sein Sack-Konto damit auf 19 aufstocken. Dem nicht genug erzwang Jones noch zwei Fumbles und hatte sechs Tackles (zwei davon für Raumverlust).

Die Cardinals finden gegen Ende der Saison immer besser in den Rhythmus, Kyler Murray machte ein hervorragendes Spiel (11/18, 118 Yards, ein TD, 40 Rushing-Yards) ehe ihn eine Oberschenkel-Verletzung im dritten Viertel an die Seitenlinie zwang. Kenyan Drake hat weiterhin große Freude in Arizona, der Runningback lief für 166 Yards inklusive zwei Touchdowns (ein 80-Yard-TD-Run).

Die Niederlage schmerzt Seattle. Ein Sieg gegen die 49ers kommende Woche ist jetzt endgültig unabdingbar wenn man noch eine Bye-Week in den Playoffs haben will.

Raiders mit letzter Chance

Einen absolut perfekten Sonntag erlebten die Oakland Raiders. Während das Team von Jon Gruden die Hausaufgaben beim 24:17 Sieg über die Los Angeles Chargers erledigte, spielte der restliche Spieltag den Raiders perfekt in die Karten. Durch Niederlagen der Steelers, Titans und Browns sowie einem Sieg der Colts ist man immer noch im Playoff-Rennen. Kommende Woche braucht Oakland einen Sieg über Denver, während die Texans gegen die Titans, die Ravens gegen die Steelers und die Colts gegen die Jaguars gewinnen müssen, damit man tatsächlich noch in die Playoffs einziehen kann.

Die #1 steht fest

Verlassen wir die oberen Tabellenregionen und widmen wir uns noch den schlechtesten Teams der Liga. Die Cincinnati Bengals wehrten sich tapfer, zogen schlussendlich aber in der Overtime gegen die Miami Dolphins mit 35:38 den Kürzeren. Miami sah sehr, sehr lange Zeit wie der sichere Sieger aus, implodierte aber in den Schlussminuten vollkommen und ließ noch 23 Punkte der Bengals (nach einem erfolgreichen Onsidekick) – und damit auch den Ausgleich – zu. Die Verlängerung ging über die gesamte Zeit, ehe Jason Sanders das entscheidende Field Goal verwandeln konnte. Ryan Fitzpatrick mutierte wieder einmal zu Ryan Fitzmagic und warf 419 Yards (31/52) und vier Touchdowns bei einer Interception. DeVante Parker konnte mit 111 Yards samt Touchdown die 1.000 Saison-Receiving-Yard-Marke durchbrechen, Mike Gesicki fing zwei TDs. Andy Dalton kam auf der Gegenseite auf 396 Yards (33/56) und vier Touchdowns.

Kommende Woche dürfte die Ära Dalton in Cincinnati zu Ende gehen. Durch die Niederlage haben die Bengals den ersten Pick im Draft sicher, wo sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Joe Burrow – und damit den aktuellen Heisman-Winner – picken werden. Der Ohio-Native kommt "nach Hause" und soll als neuer Spielmacher für Furore sorgen. Die Dolphins fallen durch den Sieg derzeit auf den fünften Draftpick.

Weiterer Krimi

Ebenfalls in die Verlängerung ging das Spiel der New York Giants und den Washington Redskins. Die Giants gewannen am Ende mit 41:35, angeführt durch Daniel Jones, der mit 352 Yards (28/42) und fünf Touchdown-Pässen sein bisher bestes Karriere-Spiel ablieferte. Saquon Barkley war auch wieder voll da, lief für 189 Yards und einen Touchdown und konnte zudem vier Bälle für 90 Yards samt weiteren Touchdown fangen. Auf der anderen Seite war Dwayne Haskins auch drauf und dran seine beste Leistung zu zeigen, der Rookie warf 133 Yards (12/15) und zwei Touchdowns, musste aber mit einer Knöchelverletzung aus dem Spiel. Case Keenum übernahm für ihn (16/22, 158 Yards, ein TD) und führte das Team Sekunden vor Schluss selbst per Rushing-TD zum Ausgleich. In der Overtime sorgte Kaden Smith mit seinem zweiten TD für die Entscheidung.

Die Redskins sitzen damit auf dem zweiten Platz im Draft-Ranking, die Giants würden derzeit an vierter Stelle picken.

Weitere Spiele

Die Indianapolis Colts gewannen gegen die Carolina Panthers deutlich mit 38:6. Nyheim Hines konnte dabei gleich zwei Punts zu Touchdowns retournieren, die restlichen Touchdowns gingen alle überr das Laufspiel (je ein Score von Marlon Mack, Jordan Wilkins und Jacoby Brissett). Bei den Panthers gab Will Grier sein Starting-Debüt, indem er ordentlich Lehrgeld zahlen musste (224 Yards, 27/44, drei Interceptions). Christian McCaffrey brach seinen eigenen Rekord aus der Vorsaison und konnte in diesem Jahr bisher 109 Pässe als Runningback fangen – mehr gab’s noch nie.

Den sechsten Sieg feierten die Atlanta Falcons über die Jacksonville Jaguars. Auch hier gab es einen neuen Rekord – Julio Jones konnte in seinem 125. NFL Spiel die 12.000 Receiving-Yard-Marke durchbrechen, wodurch er sogar Jerry Rice übertrumpfen konnte. Ansonsten war nicht viel los

Kansas City spielte sich mit den Chicago Bears und gewann eindeutig mit 26:3. Mit einem Sieg über die Chargers kommendes Wochenendes bei einer Niederlage der Patriots gegen die Dolphins (do it again, Fitzmagic) würden die Chiefs noch eine Bye-Week bekommen. Fest steht auf jeden Fall ein Heimspiel in den Playoffs.

Den dritten Pick im Draft halten ab sofort die Detroit Lions. Eine 17:27 Niederlage bei den Denver Broncos machte es möglich. Der zweite Pick ist ebenfalls noch in Griffweite, sollten die Redskins kommendes Wochenende gegen die Cowboys gewinnen und Detroit gegen Green Bay verlieren. Matt Patricia und sein General Manager Bob Quinn haben noch ein Jahr bekommen und sollten mit den Draftpicks besser sorgsam umgehen. Ansonsten geht bei den Lions weiterhin nichts. (Martin Senfter, 23.12.2019)