Die niederländisch-schweizerische Allseas verlegt lieber keine Rohre mehr, als US-Sanktionen zu riskieren

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Die Pioniergeist soll die Baustelle vor der dänischen Ostseeinsel Bornholm bereits verlassen haben. Das weltweit größte Arbeitsschiff ist im Dienst der schweizerisch-niederländischen Allseas mit der Verlegung der Rohre für die Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 betraut.

Am Wochenende gab Allseas bekannt, die Arbeiten vorerst zu stoppen. Die USA drohten mit "potenziell vernichtenden Sanktionen", würden die Arbeiten "auch nur für einen einzigen Tag" nach Unterzeichnung der US-Sanktionen fortgeführt. Bis zuletzt wollte Deutschland die Strafmaßnahmen der USA abwenden. Erfolglos. US-Präsident Donald Trump unterschrieb am Freitag die vom US-Kongress beschlossenen Sanktionen. Verhängt wurden sie noch nicht.

Innere Angelegenheit Europas

Die US-Maßnahmen des "Gesetzes zum Schutz von Europas Energiesicherheit" zielen auf am Bau beteiligte Investoren und Firmen. Das zehn Milliarden Euro teure Projekt wird zur einen Hälfte von der russischen Gazprom und zur anderen von den deutschen Unternehmen Uniper und Wintershall, Engie aus Frankreich, der britisch-niederländischen Shell und der heimischen OMV finanziert.

Würde Allseas weiterarbeiten, müsste sie mit Einreisesperren betroffener Mitarbeiter in USA rechnen sowie mit dem Einfrieren von Vermögen. Allseas-Schiffe könnten in US-Hoheitsgewässern beschlagnahmt werden. "Von einem schweren Eingriff in die inneren Angelegenheiten Deutschlands und Europas" sprach der deutsche Vizekanzler Olaf Scholz. Eine Regierungssprecherin will noch nicht von einem endgültigen Stopp ausgehen. Das hänge von den gesetzlichen Spielräumen ab.

Ukraine und Polen gegen Nord Stream 2

Laut USA würden sich Deutschland bzw. Europa mit Nord Stream 2 zu sehr in russische Abhängigkeit begeben – was die meisten politisch Verantwortlichen in Europa bestreiten. Mit der Pipeline soll die Kapazität der bestehenden Röhre auf 110 Milliarden Kubikmeter verdoppelt werden, um Gas aus Sibirien nach Greifswald und weiter nach Mitteleuropa zu transportieren.

Die Ukraine und Polen befürchten den Verlust von Transitgebühren. Richard Grenell, US-Botschafter in Deutschland, verteidigt die Sanktionen in der Bild am Sonntag als "proeuropäisch".

Kremlchef Wladimir Putin hat bereits Gegensanktionen angekündigt. Moskau wirft den USA Eigeninteresse vor. Die deutsche Umweltökonomin Claudia Kemfert appelliert im Handelsblatt an die EU, mit "Klimazöllen" zu kontern, damit kein schädliches Fracking-Gas aus den USA nach Europa exportiert werde. Die USA gebrauchten "aggressive Mittel eines fossilen Energie-Krieges". (Regina Bruckner, 24.12.2019)