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Der Mitarbeiter aus der Gründungszeit von Amazon geht mit dem Konzern heute hart ins Gericht.

Foto: Reuters

Der politische Druck auf Amazon steigt. Der E-Commerce-Riese steht ob seines Umgangs mit den Händlern auf der Plattform in der Kritik durch den US-Kongress und auch die Handelsbehörden. Eilzabeth Warren, eine der aussichtsreichsten Kandidaten auf die Präsidentschaftsnominierung der Demokraten, fordert eine Zerschlagung des Unternehmens und auch anderer IT-Riesen.

Nun reiht sich auch einer der ersten Mitarbeiter des Konzerns ein, berichtet "Recode". Paul Davis war der zweite Angestellte, den Jeff Bezos einst an Bord geholt hatte. Er war als Programmierer für die Website verantwortlich, über die das Unternehmen an seinen bescheidenen Anfängen einst Bücher online verkaufte.

Vertrauensbruch

So etwas wie Amazons Marketplace, eine zentrale Plattform für Händler, um online ihre Waren anzubieten, sei ein wertvolles öffentliches Gut, argumentiert er. Amazon breche jedoch das Vertrauen der Händler. Diese würden von einem ungeschriebenen Deal ausgehen: Man nutzt Amazons Plattform und spült Geld in die Kassen des Konzerns, dafür bekomme man keine direkte Konkurrenz vom Betreiber.

Nicht so bei Amazon. Dem Unternehmen wird vorgeworfen, alle Verkaufsaktivitäten akribisch zu analysieren, beliebte Marken ins eigene Angebot zu übernehmen oder Eigenmarken in populären Produktkategorien ins Rennen zu schicken und somit den Drittanbietern das Wasser abzugraben. In diese Kerbe schlagen Kongress und die Federal Trade Commission, die Amazon antikompetitive Praktiken vorwerfen. Der Konzern wertet nach eigenen Angaben keine individuellen Daten von Händlern aus, sondern nur in ihrer Gesamtheit, also in aggregierter Form, um daraus eigene Entscheidungen abzuleiten.

Dementi und Vorwürfe

In einem Statement betont der Konzern, dass Drittanbieter für rund 60 Prozent aller Verkäufe auf der Plattform verantwortlich zeichnen und man bisher allein 15 Milliarden Dollar in die Infrastruktur, Services und andere Belange gesteckt habe. Der Erfolg von Amazon beruhe auf dem Erfolg der Händler, weswegen sie volle Gestaltungsfreiheit für ihre Angebote hätten.

Fast zwei Jahrzehnte lang habe Amazon die Kontrolle über den Marketplace dazu genutzt, seine eigene Position als Händler zu stärken, sagt Davis. Dies dürfe nicht weiter zugelassen werden. Dazu kommentierte er auch bei einem Artikel der "New York Times", in dem schwerer Verdacht gegen das Unternehmen aufgeworfen wird. So sollen etwa Angebote von Händlern, die nicht extra für Werbung zahlen, gezielt daran gehindert werden, vorne in den Suchergebnissen aufzutauchen.

Ex-Angestellter fühlt sich mitverantwortlich

Davis' Karriere bei Amazon war relativ kurz. Von 1994 bis 1996 war er für die ersten Versionen der Website mitverantwortlich. Etwas später ging er nach der Geburt seines ersten Kindes von Bord. Bezos hatte seiner Ansicht nach eine problematische Arbeitskultur gepflegt, in der die Überarbeitung von Mitarbeitern gang und gäbe war.

Einerseits bewundert er den Aufstieg des Unternehmens zu einem der wertvollsten der Welt, bei dem er auch immer wieder einkauft. Andererseits stellt er sich die Frage, warum eine derart profitable Firma ihre Mitarbeiter in den Lagern und der Logistik nicht besser bezahlen könne.

Obwohl es aufgrund des großen zeitlichen Abstands absurd sei und wohl keine einzige Zeile des von ihm geschriebenen Codes in Amazons Webautftritt übrig sei, fühle er sich für die Situation etwas mitverantwortlich. Davis lebt heute im US-Bundesstaat New Mexico und entwickelt an der quelloffenen Musikbearbeitungssoftware Ardour mit. (red, 2.1.2020)