Eines hat sich den letzten 30 Jahren kaum verändert: Auch Mitte der Achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts stand technische Geräte bereits weit oben auf dem Wunschzettel vieler. Doch während heutzutage iPhone X oder auch die Nintendo Switch im Weihnachtsgeschäft rege über den Ladentisch wandern, regte 1987 ein ganz anderes Gerät die Träume vieler Technikfans an.

Der Amiga

Mit dem Amiga 500 trat vor etwas mehr als 30 Jahren ein Heimcomputer auf die Bühne, der die folgenden Jahre dominieren sollte. Das Vorgängermodell Amiga 1000 war zwar bereits Mitte 1985 erhältlich, war aber für die Masse schlicht zu teuer. Diesen Umstand änderte Hersteller Commodore mit dem 500er: Dieser war nicht nur kompakter – ähnlich dem legendären C-64 waren sämtliche Bestandteile in einem gemeinsamen Gehäuse mit der Tastatur verbaut – sondern vor allem auch erheblich billiger: Um rund 8.000 Schilling wurde der Amiga 500 anfänglich verkauft – und wurde so im Weihnachtsgeschäft 1987 zu einem Verkaufsschlager.

Der Amiga 500 samt Monitor und zusätzlichem, externen Diskettenlaufwerk.
Foto: Bill Bertram / Wikipedia

Spezial-Hardware

Dazu trug auch bei, dass das kleinere Modell im Kern weitgehend deckungsgleich zu seinem Vorgänger. Der Amiga 500 erbte somit also eine Reihe von selbstentwickelten Spezialchips mit klingenden Namen wie Agnus, Denise und Paula gab, die einige Tricks ermöglichten, von denen die Konkurrenz zu diesem Zeitpunkt nur träumen konnte. Dies zeigte sich nicht zuletzt bei der Grafik: So war etwa die Farbdarstellung eigentlich auf 256 Farben begrenzt, es gab aber diverse Tricks, um diese Beschränkung zu umgehen. Einer davon nannte sich HAM (Hold-and-Modify): Dieser Darstellungsmodus ermöglichte 4096 Farben mit einer entscheidenden Einschränkung: Für jedes Pixel konnte nur ein einzelner der drei RGB-Werte verändert werden. Vor allem von Grafikkünstlern und der Demoszene wurde dieser Modus trotzdem gerne genutzt, um für die damalige Zeit ziemlich beeindruckende Werke zu kreieren.

Parallax

Für Spiele noch wesentlich relevanter: Die Amiga-Hardware erlaubte es mehrere Grafikebenen hardwaregestützt und unabhängig voneinander zu bewegen. Dies eignete sich hervorragend für das sogenannte Parallax Scrolling, das mehrer Ebenen nutzte, um einen räumlichen Effekt zu erzielen. Eine Möglichkeit, die später von Spielen wie "Shadow of the Beast" auch weidlich genutzt werden sollte. Auf der Amiga-Arbeitsoberfläche ("Workbench") konnte dank dieser Technologie wiederum rasch zwischen mehreren laufenden Anwendungen gewechselt werden, in dem das aktuelle Programm einfache nach unten gezogen wurde – und das nächste dahinter erschien. Echtes Multitasking gehörte übrigens ebenfalls zu den grundlegenden Fähigkeiten des Amiga OS – etwas das so manches andere Betriebssystem erst viele Jahre später dazulernen sollte.

Hardware

Um so beeindruckender ist all das, wenn man sich die Hardwareausstattung so eines Amiga 500 näher ansieht: Als Prozessor kam ein Motorola 68000 zum Einsatz, der (in Europa) mit 7,09379 MHz getaktet war. Das RAM umfasste 512 KB, Spiele und Anwendungen wurden über 3,5-Zoll-Disketten mit einem maximalen Fassungsvermögen von 880 KB geliefert. Das Betriebssystem ("Kickstart") wurde fix auf einem Chip mitgeliefert – übrigens im Gegensatz zum Amiga 1000, wo es noch bei jedem Systemstart von Diskette geladen werden musste.

An der Rückseite bot der Amiga 500 jede Menge Anschlüsse.
Foto: Priwo / Wikipedia

Die Standardauflösung der Arbeitsoberfläche war 640 x 256 Pixel, wobei sich dies dank des Interlace-Modus auch auf 640 x 512 Pixel erweitern ließ, so man mit dem damit einhergehenden, starken Flimmern leben konnte. Die meisten Spiele blieben aber ohnehin lieber bei 320 x 256 Pixel, um die optimale Performance zu erreichen. Der Soundchip ermöglichte 4 Hardware-gemischte 8-Bit-Kanäle mit einer Auflösung von bis zu 28 kHz. Und natürlich hatte so ein Amiga 500 jede Menge externe Anschlüsse – ob seriell, parallel, für Audio und Video oder auch Joystick und Diskettenlaufwerk. Einen eigenen Erweiterungsschacht, über den unter anderem zusätzliches RAM nachgerüstet werden konnte, gab es ebenfalls..

Frühe Spielehits

Wer so glücklich war, zu Weihnachten 1987 tatsächlich einen Amiga 500 geschenkt zu bekommen, konnte sich bereits an einigen der frühen Amiga-Hits erfreuen. Jenes Spiel, an dem wohl kaum ein Neubesitzer vorbeikam war "Defender of the Crown" von Cinemaware. Auch wenn das Gameplay eher in homöopathischen Dosen vorhanden war, konnten sich doch viele nicht an der für diese Zeit geradezu unglaublichen Grafik sattsehen – und zum Angeben mit den Fähigkeiten des neuen Heimcomputers war es dadurch natürlich auch die optimale Wahl.

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Während Defender of the Crown genaugenommen schon 1986 veröffentlicht wurde, schob Cinemaware 1987 eine ganze Reihe von Spielen mit sehr ähnlichem Rezept nach: "The Three Stooges", "King of Chicago" und "Sinbad and the Throne of the Falcon" wanderten in diesem Jahr in den Verkauf – oder die Kopiererkreise.

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Faery Tale Adventure

Auch einer der geheimen Amiga-Klassiker wurde im Jahr 1987 veröffentlicht: Das "Faery Tale Adventure", ein recht umfangreiches Action-Rollenspiel im Stile der Ultima-Reihe. Hier konnte man sich durchaus nächtelang mit der Suche nach Schätzen und Gegnern die Zeit vertreiben.

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Psygnosis

Wer es noch etwas Action-lastiger haben wollte, griff zu Barbarian, einem der ersten Spiele des britischen Herstellers Psygnosis, der in den Folgejahren einige der besten Amiga-Games liefern sollte. Dies blieb übrigens auch Hardwarehersteller Sony nicht verborgen, der Psygnosis 1993 übernahm, um so Entwickler für ein zu diesem Zeitpunkt noch geheimes Projekt zu haben: Die erste Playstation. Die ehemaligen Psygnosis-Entwickler lieferten für den Launch der Spielekonsole unter anderem das Rennspiel Wipeout.

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Portierung

Da 1987 der Amiga-Boom erst so richtig ins Laufen kam, war dieses Jahr aber auch von vielen Portierungen von auf anderen Plattformen bereits bekannten Titeln geprägt. So fanden etwa Klassiker wie Winter Games und World Games 1987 ihren Weg auf den Amiga, auch wenn so manche Fans bis heute darauf beharren, dass die jeweiligen C64-Versionen der Spiele von Epyx besser sind.

Dan Warren

Vor 30 Jahren erschien aber auch der erste Teil einer anderen langjährigen Spielreihe, nämlich des Autorennspiels "Test Drive". Wer sich heute die Spielegrafik ansieht, wird sich das kaum mehr vorstellen können, aber damals begeisterte dies tatsächlich die Fans, auch wenn das Gameplay etwas gar langatmig war.

Thriftweeds

Weitere Highlights der Amiga-Spiele des Jahres 1987: Mit Ports of Call verloren sich viele über die Feiertage in einem Strategiespiel deutscher Entwickler. Der Shooter Goldrunner wurde vom Atari ST portierte, und Ikari Warriors fand seinen Weg aus der Spielhalle auf den Amiga. Und wer einen weniger brutalen Zeitvertreib suchte, griff zum Breakout/Arkanoid-Klon Amegas. (Andreas Proschofsky, 25.12.2019)