Stefan Kraft ist wieder der größte Hoffnungsträger im österreichischen Skisprung-Team.

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Wien – Wenn eine verpatzte Generalprobe tatsächlich ein gutes Omen ist, dann wird die Vierschanzentournee für Stefan Kraft ein voller Erfolg. Der 26-jährige Salzburger zählt vor der am Samstag in Oberstdorf beginnenden 68. Auflage zum engsten Favoritenkreis. Sein Sturz in Engelberg soll den erhofften sportlichen Höhenflug nicht bremsen.

Nach einem Sieg und zwei zweiten Plätzen in dieser Saison ist Kraft erneut der größte Hoffnungsträger eines kompakten ÖSV-Teams – und rechtzeitig ausgezeichnet in Form: "Mit so einem großen Selbstvertrauen wie heuer bin ich noch nie zur Tournee gekommen", sagte Kraft zur APA – Austria Presse Agentur.

Dass der Gesamtweltcup-Zweite bei der Generalprobe beim allerletzten Bewerbssprung vor dem Saisonhighlight zu Sturz kam, verschob die ambitionierte Zielsetzung nicht. Die dadurch entstandenen Verspannungen im Genick und leichten Prellungen an Hüfte und Gesäß versuchte er mit Physiotherapie und Massageeinheiten während der Weihnachtstage in den Griff zu bekommen.

Griff zur alten Bindung

Niemand flog in diesem Winter bisher weiter als Kraft (1.823,5 m). Sein Cheftrainer Andreas Felder traut seinem Vorzeigespringer weiter starke Flüge und Topplatzierungen in Serie zu. "Der Krafti ist gut drauf, die Form stimmt", konstatierte Felder. "Er ist sicher in einer guten Position."

Während der Vorbereitung hat Kraft Titelverteidiger Ryoyu Kobayashi und dessen "einzigartigen Sprungstil" nachgeeifert. "Das Ski-Aufkanten und Oben-Raus-Fliegen, was den so stark macht, habe ich mir den ganzen Sommer über reingebrannt." Der kurzfristige Griff zurück zur alten Bindung war kein Fehler. "Anfangs war ich von stabil weit weg. Aber jetzt kenne ich meine Bindung wieder in und auswendig."

Das Niveau im Sprungzirkus sei in den vergangenen Jahren noch einmal gestiegen. "Aber ich fühlte mich nicht so, als wäre ich besser geworden. Jetzt schon. Was wir im Sommer gemacht haben, trägt Früchte." Mit den Coaches wurde ein etwas anderer Plan ausgearbeitet. "Ich habe länger Pause gemacht und bin dann mit voller Energie reingestartet. Es war nicht so mühsam wie die letzten Jahre."

"Bis zum Schluss voll da sein"

Für die Skispringer beginnt bereits wenige Tage vor dem Jahreswechsel eine neue Zeitrechnung. "Es geht nicht ganz bei null los, aber die Tournee fühlt sich doch immer wieder wie ein Neustart an", erklärte Kraft. Der Kultstatus der Vierschanzentournee überträgt sich auch auf die Springer. "Es kribbelt schon ganz anders. Wenn ich in Oberstdorf wieder die Schanze sehe, bin ich voll nervös. Aber aus der Erfahrung heraus weiß ich, dass ich damit immer ganz gut umgehen konnte", meinte er vor seiner siebenten Tournee-Teilnahme.

Kraft weiß, wie Tourneesieger geht. "Ja, schon", sagte der Sieger von 2014/15, zögerte dann aber lange. "Wenn es so einfach wäre, hätte ich sie danach noch dreimal gewonnen." Das Erfolgsrezept muss man wohl bei Janne Ahonen nachfragen. Dessen fünf Siege bedeuten Rekord. Ein paar Zutaten kennt auch Kraft: "Es sich körperlich so einteilen, dass man bis zum Schluss voll da ist. Das kann ich auf alle Fälle. Gutes Selbstvertrauen, Stabilität, guter Teamgeist, wir haben eine Riesengaudi. Es ist alles da – aber im Endeffekt muss ein Tourneesieg einfach passieren." (APA, 26.12.2019)