David Calhoun übernimmt das Steuer bei Boeing. Er muss das Vertrauen in den Flugzeughersteller wiederherstellen.

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David Calhoun (62) setzt sich nicht gerade in der einfachsten Phase der Flugzeugherstellerbranche ins Cockpit von Boeing. Der US-Geschäftsmann ersetzt Dennis Muilenburg, der vier Jahre die Geschicke von Boeing geleitet und nach den Abstürzen von zwei 737-Max-Maschinen mit fast 350 Toten ein Desaster bei der diesbezüglichen Kommunikation hingelegt hatte.

Die Hoffnungen, die in Calhoun gesetzt werden, sind daher groß.

Doch die Entscheidung für Calhoun, seit zehn Jahren im Aufsichtsrat von Boeing, seit zwei Monaten amtierender Vorsitzender, ist umstritten. Denn er war Aufseher des Konzerns, als die Unglücksmaschine 737 entwickelt wurde. Er soll auch hinter dem Kostensenkungsprogramm gestanden sein, das laut Kritikern mitschuldig sein soll an den Sicherheitsmängeln der 737-Max. Dass nun just er das Vertrauen in den Konzern wiederherstellen wird können, wird in der Branche als fraglich angesehen.

Breites Erfahrungsspektrum

Calhoun ist bisher bekannt als Finanzexperte und Private-Equity-Manager. Eine eingehende Luftfahrtexpertise wird ihm hingegen nicht nachgesagt. Seine bisherigen Karrierestationen ergeben einen bunten Streifzug: 26 Jahre war Calhoun bei General Electric in den Bereichen Flugzeugturbinen, Transport, Rückversicherung, Beleuchtung, Plastik, Finanzen und Marketing sowie Infrastruktur – als Leiter der Sparte. 2006 wechselte er als Chef zum Dateninfodienst Nielsen und brachte das Unternehmen an die Börse. Vor dem Wechsel zu Boeing verantwortete Calhoun das Private-Equity-Portfolio beim Investor Blackstone.

Dieses breite Tätigkeitenfeld wird von Kritikern nun genauso geschätzt wie hinterfragt. Dem Argument der fehlenden Airline-Expertise halten andere entgegen, dass der studierte Betriebswirt Erfahrung im Krisenmanagement hat, und sehen es als Vorteil, dass er kein Ingenieur oder Spezialist ist.

Am 13. Jänner soll Calhoun bei Boeing sein neues Amt antreten. Das ist immerhin kein Freitag, also sollte für nicht Abergläubische zumindest das Antrittsdatum unter einem guten Stern stehen. Außerdem hat sich Calhoun schon 2010 damit beschäftigt, was Unternehmen erfolgreich macht. Damals hat er gemeinsam mit Rick Kash das Buch How Companies Win geschrieben. Darin haben die beiden Autoren den klassischen vier Ps des Marketings – Produkt, Preis, Promotion, Platz – das fünfte P hinzugefügt. Es steht für Präzision. (Bettina Pfluger, 26.12.2019)