Jack Dana war einmal Marine, hat Spezialeinsätze im Irak und Afghanistan hinter sich und führt nun ein beschauliches Leben als Bestsellerautor in New York. Wenn nur nicht der skrupellose Geschäftsmann Abner Brown wäre. In ihn hat sich Dana verbissen: Brown hat Danas Onkel und eine Freundin ermorden lassen. Dana hat die Auftragsmörder getötet, zuletzt hat er auch Abner Brown zur Strecke gebracht und ihn in den Selbstmord getrieben.

Kritik an den politischen Zuständen im Amerika von Donald Trump: Louis Begley.
Foto: Christian Fischer

So weit die Vorgeschichte, aus der schon klar wird, dass es hier um Geld, Macht, Korruption geht, da sind die Mittel, die eingesetzt werden, nicht zimperlich: "Berufskiller sind wie Papiertaschentücher: Man wirft sie nach Gebrauch weg." Solche Sätze mögen einem gefallen oder nicht, problematisch wird es, wenn der Roman in dieser Tonart geschrieben ist. Aber so geht nun einmal ein amerikanischer Krimi, und in einem Thriller ist nicht nur die Handlung plakativ.

Das Eigentliche beginnt jetzt. Jemand will unbedingt Abner Brown rächen, und er tut es zunächst, indem er ein befreundetes Ehepaar Jack Danas auf brutale Weise ermorden lässt. Das Video der stundenlangen Folter und Hinrichtung findet Dana Stunden später auf seinem Laptop. Erst jetzt weiß er, dass er gehackt wurde, dass er von dem Unbekannten, den er das "Monster" nennt, kontrolliert wird und dass der nur ein Ziel hat: Jack Dana in seine Gewalt zu bekommen.

Klon des Bösen

Aus dem Stoff könnte man gut und gern eine einträgliche Netflix-Serie gestalten. Was einerseits ein Kriminalfall ist, bei dem das FBI nur eine Zuschauerrolle spielen kann, ist auf der anderen Seite eine höchst pathologische Geschichte: Wer ist das "Monster", dieser Klon des Bösen, fragt sich Dana. In einer weiteren E-Mail werden ihm Bilder eines missgebildeten Säuglings, Krankenhausbefunde von chirurgischen Eingriffen und misslungenen Rekonstruktionen zugespielt. "Ein Monster bin ich wirklich", lässt ihn der Unbekannte wissen und lässt ihn auch nicht im Unklaren über seine Absichten: nämlich Dana zum Tier, zu einer Monsterkopie zu machen. Er soll leiden …

Von nun an steuert alles auf einen High Noon zu, in einer zwar berechnenden, aber gekonnten Dramaturgie. Es sieht schlecht aus für Dana: "Ich hatte ein Spiel gespielt, das ich nicht verstand und nicht hatte spielen wollen. Kein Wunder, dass ich verloren hatte. Leben enden, so oder so." So oder so kann es natürlich nicht abgehen, dafür bürgt das Überraschungselement in einem Thriller. Nur: Lohnt das auch wirklich die Lektüre?

Keine Frage, dieser Roman ist spannungsgeladen – aber sprachlich simpel gestrickt. Man kann das Buch als echten Krimi lesen und muss doch zur Kenntnis nehmen, dass Suspense allein nicht reicht, wenn die literarischen Mittel denkbar einfach sind: eine solide, linear ablaufende Ich-Erzählung, bei der man als Leser keine große Leistung erbringen muss. Man braucht sich keine Gedanken zu machen, wie, was, warum, man folgt einfach dem Text, der einem alles erklärt und nichts offenlässt.

Louis Begley, "Killers Choice". Deutsch: Christa Krüger. € 23,– / 252 Seiten. Suhrkamp,Berlin 2019
Foto: Suhrkamp

Doch von Begley ist man anderes gewohnt. Jemand, der einst mit Lügen in Zeiten des Krieges Weltruhm erlangte, hat es wahrlich nicht notwendig, sich auf solches Terrain zu begeben. In diesem Roman ist kaum Tiefe, dafür stolpert man über überflüssige, geradezu banale Sätze: "Ich ging ins Bad, urinierte und wusch mir die Hände." Oder Dialoge, die trivialer nicht sein könnten: "Wir kuschelten lange, und dann sagte sie: Jack, nimm mich, nimm mich. Ich hab dich so sehr gewollt."

Wenig Sozialkritik

Das ist, mit Verlaub, Groschenliteratur, eine Machart, die den Leser ratlos zurücklässt, zumal sie ihm nicht zum ersten Mal passiert. Denn die Figur des Jack Dana kennen wir bereits aus Begleys Roman Zeig dich, Mörder, der auf Deutsch 2014 erschien und nur Verrisse erntete: effekthaschend, unrealistisch, trivial sei das Buch, und, noch schlimmer, stillos. Es war Begleys Debüt im Krimigenre, bei dem man sich fragte, warum er sich das antat. Umso schwieriger nun zu verstehen, dass die Fortsetzung nicht unterblieb. Hat Begley einen neuen Agenten oder Finanzberater?

Man tut sich jedenfalls schwer, Kriterien zu finden, die die Literaturtauglichkeit dieses Buchs unter Beweis stellen würden. Zwar blitzt im Hintergrund immer wieder Kritik an den herrschenden politischen Zuständen auf, daran, wie sehr das Amerika Donald Trumps die Gesellschaft verändert habe. Aber sozialkritisch ist das nicht wirklich, wenn der Roman ausschließlich in der Upperclass spielt, wo niemand Geldsorgen hat und ungefragt einem aufwendigen Lebensstil frönen kann.

Dana nennt eine teure Stadtwohnung in New York und ein Haus auf Long Island sein Eigen, er hat Personal, einen Diener, der nicht nur ständig Martinis oder einen 15 Jahre alten Oban serviert, sondern auch die herrlichsten Gerichte zubereiten kann und obendrein Sicherheitsexperte und persönlicher Berater ist. Diesen Luxus leistet man sich, wenn man eben Erfolg und obendrein eine internationale Konzernanwältin zur Freundin hat, Tochter schwerreicher jüdischer Geschäftsleute. Da bräuchte man eigentlich gar nicht auf Donald Trump zu schimpfen, oder? Louis Begley tut es dennoch, wenigstens das ist eine Qualität dieses Buches. (Gerhard Zeillinger, 28.12.2019)