1908 gestaltete Prutscher im Zuge der Kunstschau den "Raum für einen Kunstliebhaber", in dem sich diese -damals mit Perlglas-Kreationen – befüllte Vitrine befand.

Foto: Otto Prutscher Archiv, Baden/Peter Kainz

Otto Prutscher (1880-1949) in einem Korbsessel von Josef Zotti, um 1913 von seinem Architektenkollegen Karl Ehn fotografiert.

Foto: Archivio Famiglia Otto Prutscher

Weder 30ies, noch 60ies, sondern 1908: eine von 14 Vasen aus so genanntem Perlglas, ein von Prutscher und Lötz entwickeltes mustergeschütztes Dekor.

Foto: Otto Prutscher Archiv, Baden/Peter Kainz

1913 gestaltete Prutscher das Interieur des "Café Ronacher" am Schottenring (damals "Franzensring") neu. An der Adresse befindet sich nun das Luxushotel Palais Hansen Kempinski.

Foto: Archivio Famiglia Otto Prutscher, Mailand

Sammler genießen einen ambivalenten Ruf: Manche verwechseln ihre Leidenschaft und Motivation mit Raffgier, andere zollen Anerkennung, die oft deshalb gebührt, weil die Begeisterung in "Stiefkinder" investiert wird. Otto Prutscher (1880–1949) ist ein solcher Fall: im Umfeld der Protagonisten der Wiener Moderne geläufig, aber weniger bekannt als der Übervater Josef Hoffmann.

Mehr als 20 Jahre sind seit der ersten monografischen Ausstellung zu seinem Schaffen in der Universität für angewandte Kunst 1997 vergangen. Gründe, ihm eine weitere zu widmen, hätte es gegeben – gerade aufgrund seines universellen Repertoires von Architektur über Innenraumgestaltung bis hin zu Möbeldesign und Kunstgewerbe jeglicher Art.

In letzterer Kategorie ist er auf dem Kunstmarkt bekannt wie ein bunter Hund: Schmuck für die Wiener Werkstätte, Silberservice von Klinkosch, Keramik für Wienerberger oder die Gebrüder Schwadron, Glaskreationen für die Firma Johann Lötz Witwe, Deckenluster und Trinkservice von Bakalowitz, Textilien für Backhausen, die legendären Stängelgläser von Meyr’s Neffe nicht zu vergessen oder seine von Thonet ausgeführten Möbelentwürfe. Genug der Aufzählung, die auch nur eine Auswahl der Bandbreite seines Schaffens dokumentiert.

Die Ausstellung im Mak zeigt Prutscher als "Allgestalter der Wiener Moderne", entsprechend vielfältig sind auch die Exponate.
Foto: MAK/Georg Mayer

Umso verwunderlicher erscheint, dass sich trotz der künstlerischen Qualität bis vor kurzem kaum etwas davon in öffentlichem Museumsbesitz befand. Aber bisweilen kommt auch eins zum anderen, wie die derzeit (bis 15. 5. 2020) im MAK für den "Allgestalter der Wiener Moderne" anberaumte Ausstellung belegt. Den Anlass gab Otto Prutschers 70. Todestag, der sich am 15. 2. jährte. Neben Exponaten aus dem Besitz der Nachfahren bildet jedoch etwas anderes die Grund lage: die großzügige Schenkung von beinahe 140 Entwürfen, Objekten in Silber, Glas und Keramik sowie Möbel seitens einer gewissen Hermi Schedlmayer im Jahr 2018.

Eine Datenbank mit etwa 6000 Datensätzen und rund 7000 Bildern hatte sie schon 2016 zur Förderung weiterer Forschung der Universität für angewandte Kunst überlassen. Die Realisierung der von ihr geplanten Publikation sollte sie nicht mehr erleben. Die Umsetzung übernahm ihr Enkel, ein zweibändiges Grundlagenwerk, das soeben in der "Edition Angewandte" im Birkhäuser Verlag erschien. Warum sich Schedlmayer überhaupt mit dem Prutscher-Virus infizierte? 1989 hatten sie und ihr Ehemann Fritz eine Villa in Baden erworben, die Prutscher einst 1912 im Auftrag des damaligen Eigentümers Moritz Rothberger um- und ausgebaut hatte. Im Zuge der Renovierungsarbeiten entdeckten die Schedlmayers unter dem Putz Wandbemalungen jener Zeit. Das Interesse war geweckt.

Lange wenig bekannt

Allerdings war über den Absolventen der Wiener Kunstgewerbeschule vor 30 Jahren nur wenig bekannt. So begannen die beiden ihre Recherche in Archiven und sammelten, was immer sich bot: nicht nur historische Dokumenten, sondern explizit auch Objekte, die sie im Wiener Kunsthandel oder bei Auktionen ersteigerten. Mal waren es die berühmten, von der Firma Meyr’s Neffen ab 1907 produzierten Stängelgläser, mit farbigen Überfängen (zu 5000 oder 8000 Euro), dann wieder eine Vase aus Perlglas, ein mustergeschütztes Dekor, das Prutscher mit Lötz entwickelt hatte, eine rote Version von 1908 (45.600 Euro, Sotheby’s Amsterdam, 2005). Genannte Objekte sind neben anderen nun in der Ausstellung in einer speziellen Vitrine gereiht.

1908 war sie bei der Kunstschau Teil des von Prutscher gestalteten "Raum für einen Kunstliebhaber". 2005 ersteigerten die Schedelmayers das Möbelstück bei "im Kinsky" zum Hammerpreis von 18.000 Euro (exkl. Aufgeld).

Der Verbleib der originalen Umrahmung aus Messingblech, die auf Innenaufnahmen von 1908 dokumentiert ist, war vorerst unbekannt. Bis er sich im Umfeld der vom Belvedere 2008 ausgerichteten Ausstellung Gustav Klimt und die Kunstschau 1908 fand: auf dem Dachboden des noch erhaltenen Hauses des Möbelfabrikanten Bernhard Ludwig, den Prutscher auch mit der Ausführung der Vitrine beauftragt hatte. Nach ihrer "Reunion" fand sie über die Schenkung eine endgültige Heimat MAK. (Olga Kronsteiner, 28.12.2019)