Jetzt noch weiter zu verhandeln würde die Geduld der Wähler, gerade auch der ÖVP-, Wirtschaftsbund- und Bauernbund-Wähler, überstrapazieren.

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Vor 18 Jahren, Wolfgang Schüssel hatte für die ÖVP gerade den größten Wahlsieg der letzten Jahrzehnte eingefahren, gab es in der Volkspartei viele Befürworter einer Koalition mit den Grünen. Ganz vorn mischte ein junger Unternehmensberater mit: Harald Mahrer war damals einer der Wortführer von "schwarzgruen.org". Er bekannte sich auch später in seiner Funktion als Präsident des Julius-Raab-Instituts mehrfach als ökosozialer Marktwirtschafter – bevor er als Staatssekretär und später Minister im Wirtschaftsministerium landete.

Inzwischen ist Mahrer Präsident der Wirtschaftskammer und hat Anfang März 2020 eine wichtige Wahl zu bestehen, bei der eine grüne Regierungsbeteiligung den konservativen Wahlwerbern gar nicht gelegen kommt: Gegen ökologische und steuerliche Belastungen durch grüne Politik lässt sich im Wahlkampf schwer Stimmung machen, wenn die Grünen-Politiker mit den eigenen Parteifreunden in einer Bundesregierung sitzen. Ähnlich ist die Situation für den Bauernbund, der in vier Bundesländern seine dominierende Position in den Landwirtschaftskammerwahlen 2020 zu verteidigen hat.

Nahe dem Gottseibeiuns

Denn nicht nur in Mahrers Wirtschaftsbund, sondern auch im Bauernbund gibt es schließlich etliche Funktionäre, aus deren Sicht die Grünen nahe dem Gottseibeiuns angesiedelt sind. Und außerhalb der Funktionärsschicht finden sich viele Wirtschaftstreibende und Landwirte, die ja gerne viel, viel ökologischer wirtschaften würden – wenn sich das irgendwie rechnen würde. Klar: In einigen Sparten rechnet es sich schon jetzt, dort passiert es ja auch jetzt schon. In anderen wartet man auf den oft zitierten internationalen Gleichschritt – der vielleicht nie kommt.

Den beiden mächtigen Bünden ging es also darum, für ihre Klientel so viel wie möglich herauszuholen. Und dann die Krot, so schnell es eben geht, zu schlucken. So bleiben immerhin ein paar Wochen bis zu den Wahlen, da kann man vielleicht den Schwung des Neuen nutzen. Denn mehr als bei einem Abschluss diese Woche wird für die Partikularinteressen in der ÖVP ohnehin nicht erreichbar sein.

Im Gegenteil: Jetzt noch weiterzuverhandeln würde die Geduld der Wähler, gerade auch der ÖVP-, Wirtschaftsbund- und Bauernbund-Wähler, überstrapazieren. Da stünde bald der Verdacht im Raum, dass alles vergebens gewesen wäre. Und wenn es das tatsächlich wäre? Nicht auszudenken. Daher drängt es die Türkisen zur Unterschrift. (Conrad Seidl, 30.12.2019)