Zwei Drittel der Taxifahrten in Moskau werden über den russischen Online-Taxiservice Yandex Taxi abgewickelt.

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Quasi ein Weihnachtsgeschenk: Die russische Staatsbank Sberbank hat dem Internetriesen Yandex kurz vor dem Jahreswechsel die "goldene Aktie" zurückgegeben. Kaufpreis: ein Euro. Diesen symbolischen Preis hatte das Kreditinstitut auch vor zehn Jahren beim Einstieg in Yandex bezahlt.

Yandex gilt als das russische Pendant zu Google, auch wenn sich Firmengründer und Dollarmilliardär Arkadi Wolosch zuletzt auf einer Investorenkonferenz gegen den Vergleich wehrte. "Ich bin der Vergleiche mit Google ein bisschen müde. Der Google-Konzern hat eine etwas andere Form als wir", sagte Wolosch in Moskau.

Von Gebrauchtwagen bis Taxiservice

Tatsächlich ist Yandex längst über den Status einer Suchmaschine hinausgewachsen und hat sich neue Geschäftsfelder erschlossen: Gebrauchtwagenverkauf, Flugtickets, Online-Überweisungen oder Taxifahrten sind nur einige der Services, die Yandex seinen Klienten über das Netz anbietet. Zwei Drittel der Taxifahrten in Moskau werden so über die Yandex-App abgewickelt. Als der Konkurrent Uber 2017 auf den russischen Markt expandierte, sahen die Amerikaner schnell ein, dass das Quasi-Monopol von Yandex nicht zu brechen ist. Also begnügten sie sich mit einem Anteil an Yandex Taxi und zogen ihre eigene Marke aus Russland zurück.

Autofahrer in Russland sind fast ausschließlich mit Yandex Navi unterwegs. Die Karten sind genauer als bei Google, zudem bietet der Yandex Navigator nicht nur Umfahrtrouten für Staus, sondern zeigt auch feste und mobile Blitzer im Display an.

Kreml erhöht den Druck

Doch wohin der Kurs bei Yandex selbst führt, ist derzeit noch nicht ganz klar. Der Bewegungsfreiraum im russischen Internet – RuNet genannt – ist 2019 deutlich kleiner geworden. Der Kreml hat nicht nur zahlreiche Gesetze verschärft, die die Meinungsfreiheit im RuNet beschränken, sondern auch konkrete Schritte unternommen, um die digitale Sphäre zu kontrollieren. So wurden Provider verpflichtet, Nutzerdaten auf russischen Servern zu speichern. Seit November muss auch die Infrastruktur so aufgebaut sein, dass der Traffic zentralisiert kontrolliert werden kann. Zugriff auf diese Server haben neben den Providern auch Medienaufsicht und der russische Geheimdienst.

Die Staatsduma wollte gar ein Gesetz verabschieden, das Ausländern den Besitz von mehr als 20 Prozent an strategisch wichtigen IT-Firmen verbietet – ein Warnschuss für Yandex, deren Aktien damit kurzzeitig auf Talfahrt gingen. Hintergrund: Der Firmensitz liegt offiziell in Amsterdam. Die meisten Aktien werden an der US-amerikanischen Technologiebörse Nasdaq gehandelt.

Staatliche Kontrolle

Die Kontrolle der Sberbank, die mit ihrer "goldenen Aktie" den Verkauf von Aktienpaketen über 25 Prozent blockieren konnte, reichte dem Kreml offenbar nicht aus. Darum wird nun umstrukturiert: Die "goldene Aktie" soll in Kürze an den noch zu gründenden "Fonds des öffentlichen Interesses" gehen. Ein Konstrukt, das die staatliche Kontrolle verstärkt. In den Vorstand des Fonds ziehen neben drei Yandex-Managern und drei unabhängigen Direktoren auch fünf Vertreter staatlicher Unis ein, die alle Deals über zehn Prozent der Aktien, die Übergabe intellektuellen Eigentums und persönlicher Nutzerdaten absegnen müssen.

Ein schwer ausgehandelter Kompromiss, der den Druck des Kremls auf Yandex mindern soll. Die Duma hat den Gesetzesentwurf vorerst zurückgezogen. Der Autor Anton Gorelkin kündigte aber zugleich an, das Gesetz in einer Neufassung mit einigen Änderungen wieder einzubringen. Damit könnte dann die nächste Runde im Kampf um Yandex eingeläutet werden. (31.12.2019)