Die Sängerin Judy Garland war 1968 bereits eine Ikone, musste aber dennoch in Nachtklubs jobben.

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Anfang und Ende einer Karriere: 1939 verbringt die 17-jährige Judy auf dem Filmset, sie dreht gerade Der Zauberer von Oz, der sie weltberühmt machen wird. 1968 ist Judy Garland zur Ikone geworden, muss sich aber trotzdem mit gemeinsamen Auftritten mit ihren Kindern Lorna und Joey in Nachtklubs ein Tagegeld verdienen, um sich überhaupt Essen und einen Schlafplatz leisten zu können.

Der britische Theaterregisseur Rupert Goold konzentriert sich in Judy auf diese beiden Punkte im Leben der Künstlerin und zeigt sie während ihrer fünfwöchigen Konzertreihe im West-End-Theater "The Talk oft he Town" in London. Es sind beinahe ihre letzten Auftritte, nur wenige Monate später stirbt Judy Garland. Basierend auf Peter Quilters Theaterstück End of the Rainbow hat Tom Edge das Drehbuch geschrieben. Renée Zellweger schlüpft in die Titelrolle.

Unheimliche Ähnlichkeit

Und Zellweger verwandelt sich tatsächlich in stellenweise unheimlicher Ähnlichkeit in Garland – was sie auch zu einer Favoritin für den diesjährigen Oscar werden ließ. Es ist nicht zuletzt dem Haar- und Make-up-Artist Jeremy Woodhead geschuldet, der dafür bereits den British Independent Film Award erhielt.

Perücke, braune Kontaktlinsen und eine Nasenprothese lassen Renée hinter Judy verschwinden, doch auch Mimik, Gestik und Körperhaltung sind von der einen in die andere Schauspielerin übergegangen. Tagtäglich habe sich das gesamte Team mit Videos und Tonaufnahmen beschallt, um die Transformation bestmöglich umsetzen zu können, so Zellweger. Die größte Herausforderung stellte bestimmt die Stimme dar, denn auch die Lieder singt der US-Star alle selbst. Auch wenn Zellweger hier nicht an Garland heranreicht, ein durchaus besserer Schachzug, als offensichtlich zu synchronisieren. Nur so zu tun als ob scheint hier nicht gut genug.

Private Zerstörung

Regisseur Goold zeigt ein durchaus bekanntes Bild von Judy, die zwischen perfekter Inszenierung und privater Zerstörung ihr Leben bestreitet. Als junges Mädchen (Darci Shaw) von Produzenten eingeschüchtert, muss sie ihren Geburtstag am Filmset feiern und wird für einen spontanen Ausbruch und einen Sprung in den Pool mit einer Strafpredigt abgemahnt.

Zu ihrer Mutter hat sie nie ein Naheverhältnis, wie sie in einem Interview mit Barbara Walters 1968 verrät, bei dem sie auch ihre Kinder Lorna und Joey dabei hat, nach deren Hände sie stets greift, sie immer wieder herzt und umarmt.

Es ist die Liebe zu ihren Kindern, die Garland gleichzeitig Halt und Verzweiflung schenkt. Seit 1941 lebte sie in Dauerehe mit nacheinander fünf Männern. Aus der zweiten Ehe mit Vincente Minelli ging ihre Tochter Liza hervor, Lorna und Joey stammen von ihrem dritten Mann Sidney Luft (Rufus Sewell). Bei diesem muss Garland auch ihre Kinder zurücklassen, als sie nach London geht, um Geld zu verdienen. Mithilfe ihrer Assistentin Rosalyn (Jessie Buckley) schafft sie es, ihre Angst vor dem Auftritt und den Verlust ihrer Stimme zu überwinden.

Bedeutend für Schwulenszene

Eine Begegnung mit homosexuellen Fans zeigen auch Garlands Bedeutung für die Schwulenszene auf. Ihren fünften Mann Mickey Deans (Finn Wittrock) lernt sie in dieser Zeit kennen. Am Ende stimmt das Publikum in Some where over the Rainbow mit ein, fängt die Sängerin auf, als ihre Stimme zu versagen droht. Goold zerstört für sein Publikum das Bild seiner Ikone nicht: Sie performt eben doch auch, weil sie es liebt, auf der Bühne zu sein, so die versöhnende Nachricht.

50 Jahre ist Judy Garlands Tod nun her, und inzwischen wächst eine Generation heran, die kein Bild mehr mit der Filmdiva verbindet. Für sie ist Judy sicherlich ein Zugang. Ein Film gegen das Vergessen und das Hochhalten einer Ikone. (Katharina Stöger,30.12.2019)