Wirbt für die Zusammenarbeit von Regierungsmitgliedern mit ihren Spitzenbeamten: Verwaltungsrechtsexperte Raoul Friedrich Kneucker

Foto: Parlamentsdirektion / Thomas Jantzen

Wien – Die Macht eines Ministers misst sich an seiner Vernetzung in der Politik. Auf diesen Punkt bringt es der Verwaltungsexperte Raoul F. Kneucker: "Quereinsteiger haben in der Regel wenig Erfolg." Um seine persönlichen politischen Vorstellungen durchzusetzen, muss ein Minister nämlich innerhalb der Regierung und vor allem beim Finanzminister sein Programm und im Ministerrat seine Gesetzesvorlagen durchbringen – sich auf das Regierungsprogramm berufen zu können mag dabei hilfreich sein.

Aber was zählt, ist die Macht, Akzente zu setzen. Und das geht nur mit der nötigen Vernetzung: "Wer nicht gut vernetzt ist, der oder die ist eine Fehlbesetzung."

Expertise kann man dazuholen

Expertise? Ja, die brauche man in einem Ministerkabinett – aber nicht unbedingt in Person des Ministers: "Man kann nur fragen, was man ungefähr weiß, das schon. Aber das Wesentliche ist das Wissensmanagement", sagt Kneucker, der dieser Tage das Buch Bürokratische Demokratie, demokratische Bürokratie (Böhlau-Verlag) veröffentlicht hat.

Die Methoden des Wissensmanagements hätten sich in den vergangenen Jahrzehnten massiv geändert: "Noch vor 30 Jahren haben die Ministerinnen und Minister selbst in großen Ministerien allenfalls fünf bis sieben persönliche Mitarbeiter gehabt. Heute sind es selbst in kleineren Ministerien 35 – die dann vielleicht auch ihre persönlichen Rivalitäten haben."

Für die Ressortverantwortlichen seien die großen Ministerkabinette kein Vorteil, diese würden im Gegenteil Parallelstrukturen zur Beamtenschaft bilden.

Kneucker rät den neuen Regierungsmitgliedern, sich auf die Beamten zu verlassen: "Ein Beamter wird nie aufgrund einer anderen Parteizugehörigkeit illoyal sein", ist Kneucker überzeugt.

Persönlicher Stil

Von der Persönlichkeit des jeweiligen Ministers hänge es ab, wie gut motiviert die Beamten sind, sagt der Professor, der selbst unter verschiedenen Ministern in der Hochbürokratie tätig war: "Erhard Busek ist beispielsweise immer durchs Haus gegangen und hat mit den Fachleuten geredet, das ist gut angekommen", erinnert sich Kneucker an den früheren Wissenschaftsminister.

Auch der persönliche Arbeitsstil variiere stark: Da ein Minister für sein gesamtes Haus Verantwortung trägt, müsste er eigentlich alle Akten genau kennen – was praktisch unmöglich ist. Buseks Vorgänger Hans Tuppy saß oft nächtelang beim Aktenstudium. Buseks Nachfolgerin Elisabeth Gehrer dagegen vertraute auf die entsprechenden Vorarbeiten ihres Kabinettschefs. (Conrad Seidl, 31.12.2019)