Christian Mayr ist Forscher an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität in Salzburg.

Foto: Stefan Burghart

Ein Musiker, der nur die Notennamen vor sich hat, hat zwar die nackte Information, aber kann damit noch kein Lied spielen. Genauso ist es bei der DNA", so erklärt Christian Mayr sein Arbeitsfeld der Epigenetik. "Die reine Information der DNA genügt nicht, damit eine Zelle funktioniert, sondern man braucht auch die Anleitung, wie mit der Information vorzugehen ist. Und bei Krebszellen funktioniert dieses Wie, also der Dirigent, wenn man so will, nicht richtig." Der Biologe erforscht an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität in Salzburg, wie beim Gallenwegskarzinom das Ablesen der molekularbiologischen Notenschrift aus dem Ruder läuft.

Die Taktgeber der DNA im Körper sind epigenetische Regulatoren, also Proteinkomplexe, die festlegen, ob und wann bestimmte Genabschnitte zugänglich sind und deren Information zur Herstellung neuer Proteine genützt werden soll. In der Arbeitsgruppe um Tobias Kiesslich erforscht Mayr solche epigenetischen Komplexe, die bei dem seltenen, aber schwer behandelbaren Tumor eine Rolle spielen. Er konnte dabei einen aus anderen Tumorarten bekannten Regulator mit dem Gallenwegskarzinom in Verbindung bringen.

Wichtigkeit der Grundlagenforschung

Anhand dieser Ergebnisse zeigt sich für Mayr auch die Wichtigkeit der Grundlagenforschung. Die generierten Daten sind Basis für weiterführende Forschungsarbeiten, die sich langfristig idealerweise in die Entwicklung entsprechender Inhibitoren übersetzen lassen. Für einen ebenfalls von Mayr untersuchten epigenetischen Regulator werden aus Ergebnissen der Grundlagenforschung so bereits Wirkstoffe für klinische Studien getestet. Grundlagenforschung und Biologie interessierten den 31-Jährigen aus Freilassing in Bayern schon lange: "Mich hat immer schon fasziniert, dass wir gewisse biologische Vorgänge in unserem Körper nicht verstehen und damit auch uns selbst. Dieser paradoxe Gedanke hat mich nie losgelassen."

Letztlich war aber auch für ihn wie so oft ein Lehrer mit ausschlaggebend für die Entscheidung, Biologie und nicht, wie ebenfalls zur Auswahl stehend, Geschichte zu studieren. Auch jetzt weiß Mayr die Leute zu schätzen, die ihm seine Forschung ermöglichen. "Es gehört immer Glück dazu, etwas herauszufinden, und Unterstützung", betont er explizit die Hilfe von Gruppenleiter Kiesslich und Institutsvorstand Ritter. Diese hätten ihn in den wissenschaftlichen Fragestellungen und Experimenten unterstützt und genug Freiraum gegeben, um in Ruhe zu überlegen, Publikationen zu lesen und Neues ausprobieren zu können.

Während er bereits Pläne für Folgeprojekte schmiedet, die auf den aktuellen Ergebnissen aufbauen, fühlt er sich nicht nur in wissenschaftlicher Hinsicht in Salzburg wohl. Christian Mayr ist frisch verheiratet, und so stellt für ihn das private Projekt Familiengründung das nächste Ziel dar. Sein Leben außerhalb der akademischen Arbeit könnte also bald noch abwechslungsreicher werden. Schon jetzt spielt er Fußball und geht einem anderen langjährigen Hobby nach: "Ich spiele seit über 20 Jahren Klavier, das ist ein guter Ausgleich." Der Dirigent der Gene ist damit also auch sein eigener – musikalischer – Dirigent. (pkm, 4.1.2020)