Bayern reist wieder einmal nach Katar ins Trainingslager und erntet dafür wieder einmal Kritik.

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München – Die umstrittene Reise beginnt am Samstag. Bereits zum zehnten Mal fliegt der FC Bayern München zur Vorbereitung auf die Rückrunde der Fußball-Bundesliga für eine Woche (bis 10. Jänner) nach Katar, und zum wiederholten Male steht der Rekordmeister daher in der Kritik. Nicht zuletzt bei den eigenen Anhängern. "Und wieder fliegen mit Kafala Airways die Menschenrechte davon!", stand etwa auf einem Banner, das am letzten Vorrundenspieltag gegen den VfL Wolfsburg (2:0) in der Südkurve der Arena hing.

Bedenkliche Arbeitsbedingungen

"Kafala" bezeichnet das umstrittene Bürgschaftssystem, das vor allem in den arabischen Golfstaaten das Arbeits-, Aufenthalts- und Familienrecht regelt. Ihm unterworfen sind nicht zuletzt die zahlreichen Arbeitsmigranten aus anderen Ländern, die in der vom Islam und der Scharia geprägten absoluten Monarchie unter anderem die Stadien für die Endrunde der Fußball-WM 2022 errichten. Organisationen wie Human Rights Watch oder Amnesty International haben das Land dafür in der Vergangenheit immer wieder kritisiert.

"Noch immer leben und arbeiten viele Arbeitsmigranten unter erschwerten Bedingungen, und nach wie vor stranden zahlreiche Arbeiter in Katar, wenn ihre Firmen die Arbeit im Land beenden und ihre Arbeiter ohne Geld und ohne Ausweispapiere einfach sich selbst überlassen", sagte Regina Spöttl, Katar-Expertin bei Amnesty International Deutschland, auf SID-Anfrage. Es stehe Amnesty aber nicht zu, "Unternehmen, Sportverbände oder Sportvereine, die auch Wirtschaftsunternehmen sind, für wirtschaftlich orientierte Partnerschaften oder eine Zusammenarbeit mit katarischen Firmen zu kritisieren".

Allerdings hätten "Funktionäre und Spieler von Sportvereinen wie dem FC Bayern meist Zugang zu hochrangigen Entscheidungsträgern und könnten diese Chance ergreifen, ihre Prominenz und ihre Vorbildfunktion zu nutzen, um Menschenrechtsverletzungen anzusprechen und nachhaltig Verbesserungen einzufordern. Wir wünschen uns von diesem Personenkreis mehr Mut und Zivilcourage", sagte Spöttl.

Dialog

Die Bayern behaupten seit Jahren, sie führten vor Ort stets gute und vertrauensvolle Gespräche mit ihren Partnern. "Der Dialog verbessert Dinge, das Ignorieren und Kritisieren, wie es in unserem Land regelmäßig stattfindet, hilft nicht, eine Situation zu verändern", sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge auf der jüngsten Jahreshauptversammlung am 17. November und behauptete: "Wir haben erreicht, dass sich viele Dinge verändern durch den Fußball." Als bemerkenswert erachtet es der FC Bayern, dass er ab dem 20. Jänner zum dritten Mal auch seine Frauen-Mannschaft ins Trainingslager nach Katar schickt.

Die Verantwortlichen der Münchner sahen sich aber auch bei der JHV mal wieder mit Kritik an den Reiseplänen konfrontiert. Mitglieder, die gegen Ende der Veranstaltung traditionell und zum wachsenden Ärger der Vereinsführung ihre Meinung kundtun, prangerten dabei die enge Verbindung zwischen dem Klub und Katar an: Der Internationale Flughafen in Doha war jahrelang Großsponsor der Münchner, seit November 2018 ist es die Fluggesellschaft Qatar Airways – deren Logo prangt auf dem Ärmel der Bayern-Trikots.

Bayern sieht Verbesserungen

Rummenigge sah sich also auch an diesem 17. November genötigt, die umstrittene Zusammenarbeit zu verteidigen. "Ich weiß", versicherte er, "dass der ein oder andere das vielleicht kritisch sieht, ich muss aber auch eins klar und deutlich sagen: Seit Bayern München Partner von Katar ist, hat es nachweislich eine Entwicklung in Sachen Menschen- und Arbeiterrechte zum Positiven gegeben."

Ob die dezenten Verbesserungen in dem Emirat am Wirken des FC Bayern liegen, ist freilich unbewiesen. "In letzter Zeit hat es erfreulicherweise viel Bewegung gegeben", sagte Regina Spöttl: "Ob diese positive Entwicklung jedoch ausschließlich das Ergebnis der Partnerschaft zwischen dem FC Bayern und Katar ist, bleibt Spekulation." (sid, 1.1.2020)