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Schwarzer Rauch über der US-Botschaft in Bagdad am Dienstag nach dem Angriff militanter Demonstranten. Die USA machen den Iran für die Eskalation verantwortlich.

Foto: REUTERS/Thaier al-Sudani

Bagdad – Der Jahreswechsel war im Irak von Gewalt geprägt. Bereits am Dienstag haben militante schiitische Demonstranten die US-Botschaft in Bagdad angegriffen, dabei "Tod Amerika" gerufen, US-Flaggen verbrannt, Fenster zertrümmert, Überwachungskameras aus den Wänden gerissen und den Empfangsbereich der Botschaft in Brand gesetzt. Sie kletterten außerdem die Mauern hinauf und schwenkten Flaggen der schiitischen Volksmobilisierungseinheiten.

Sicherheitskräfte reagierten mit Tränengas, Blendgranaten und Signalraketen. Die Zusammenstöße gingen am Mittwoch zunächst weiter, auch US-Einheiten setzten Tränengas ein. Die Demonstranten zogen sich nach Angaben des irakischen Militärs aber später am Mittwoch komplett zurück.

USA beschuldigen Iran

Die USA verlegten als Reaktion mit sofortiger Wirkung 750 zusätzliche Soldaten in die Region. US-Präsident Donald Trump beschuldigte den Iran, den Angriff auf die Botschaft orchestriert zu haben. Irans Außenamtssprecher Abbas Mussawi wies die Vorwürfe zurück. "Die USA sollten mit diesen politischen Fehlkalkulationen und irrationalen Reaktionen vorsichtig sein", sagte er am Dienstag. Anstatt anderen Ländern die Schuld zuzuschieben, sollten die Vereinigten Staaten lieber ihre "destruktive Politik" im Irak überdenken. "Fakt ist, dass die Völker in dieser Region die USA wegen ihrer Verbrechen hassen", sagte auch Irans oberster geistlicher Führer, Ayatollah Ali Khamenei.

Irans Außenamt zitierte am Mittwoch den Geschäftsträger der Schweizer Botschaft ins Ministerium. Wegen fehlender diplomatischer Beziehungen zwischen Teheran und Washington vertritt die Schweiz die diplomatischen Interessen der USA im Iran.

Stellvertreterkonflikt

Hintergrund der Eskalation sind US-Luftschläge vom Wochenende, die das US-Militär als Reaktion auf mehrere Angriffe im Dezember ausgeführt hatte. Beim jüngsten Raketenangriff auf einen US-Militärstützpunkt in Kirkuk vergangenen Freitag war ein ziviler Angestellter der US-Armee getötet worden. Am Sonntag reagierte also die US-Armee mit Luftschlägen auf die Miliz Kataib Hisbollah, 25 Menschen wurde dabei getötet, 50 verletzt.

Die irakische Regierung kritisierte die US-Angriffe und kündigte am Montagabend an, die Beziehungen zu den USA zu "überprüfen". Das Büro des einflussreichen irakischen Großayatollah Ali al-Sistani rief die Behörden auf zu verhindern, dass der Irak "als Ort für gegenseitige Abrechnungen genutzt" werde – eine Anspielung auf die wachsenden Spannungen zwischen Washington und Teheran. Wie die libanesische Hisbollah wird auch die irakische Kataib Hisbollah vom iranischen Mullah-Regime gestützt.

Die schiitische Miliz entstand 2003, als die USA ihren Krieg im Irak begannen. Gesponsert vom Iran, kämpfte sie zunächst gegen die US-Truppen, wandte sich im Verlauf des irakischen Bürgerkriegs aber immer mehr gegen terroristische sunnitische Gruppen wie Al-Kaida und den "Islamischen Staat" (IS). Seit 2009 wird die Miliz von den USA als Terrororganisation eingestuft und für mehrere Angriffe auf US-Einheiten verantwortlich gemacht.

Iran fürchtet um Einfluss

Durch die jüngsten Proteste im Irak sieht der Iran seinen Einfluss im Nachbarland in Gefahr: Seit Oktober demonstrieren Irakerinnen und Iraker für eine Gesellschaftsordnung jenseits konfessioneller Linien – und gegen den wachsenden Einfluss des Iran. (maa, dpa, 1.1.2020)