Klimaschutz genießt in der STANDARD-Umfrage höchste Priorität

Foto: APA/KEYSTONE/OLIVIER MAIRE

Linz – Wenn die neue türkis-grüne Regierung energische Maßnahmen gegen die Klimakrise ergreift, stößt sie damit auf breite Unterstützung der Bevölkerung. Eine aktuelle Umfrage des Linzer Meinungsforschungsinstituts Market im Auftrag des STANDARD weist wirkungsvolle Maßnahmen gegen die Erderwärmung als größtes Anliegen aus.

Mit neuen Ökosteuern, etwa einer höheren Abgabe auf Energie, wie sie die Grünen vehement fordern, hat sich offenbar eine große Mehrheit bereits abgefunden: 73 Prozent rechnen fest, dass dies kommt. 43 Prozent glauben allerdings, das sich die Menschen auch ohne Zwang klimafreundlicher verhalten werden.

Optimistische Grundhaltung

Optimismus ist die Grundstimmung, mit der die Österreicherinnen und Österreicher ins neue Jahr gehen: 46 Prozent gehen mit Optimismus und Zuversicht in die nächsten Monate, nur 20 Prozent mit Skepsis und Pessimismus. Die Werte sind seit dem Frühjahr 2019 ziemlich stabil, im vergangenen Winter (sowohl in der Dezember- als auch in der Februar-Umfrage des Market-Instituts lagen die Optimisten allerdings mit 51 zu 18 (bzw. 19 im Februar 2019) stärker in Führung.

Market-Institutsleiter David Pfarrhofer stellt diese Entwicklung in Zusammenhang mit den Nachrichten über einen seit etwa einem Jahr erwarteten, so aber nicht eingetretenen Konjunktureinbruch, der von etlichen Befragten wohl weiterhin erwartet wird, was den Optimismus dämpft. "Dazu kommt die seit dem letzten Frühjahr deutlich verstärkte Diskussion über das Klima – da fragen sich doch etliche Leute, ob es für sie so gut weitergehen wird wie bisher."

Klimathema schlägt Umverteilung

Das Klimathema war bisher in den Umfragen, die Market zur Jahreswende traditionell für den STANDARD macht, nicht von Relevanz – jetzt hat die Sorge, ob wohl genug gegen den Klimawandel getan wird, den ersten Platz in der Umfrage. 40 Prozent der Wahlberechtigten bereitet das große Sorgen.

Viele Jahre lang war an erster Stelle die Befürchtung gelegen, dass "die Kluft zwischen Reich und Arm" größer werden könnte. Das bereitet weiterhin 35 Prozent große Sorgen – das ist dasselbe Niveau wie vor zwölf Jahren. In den Jahren dazwischen, besonders stark ab 2011, hatten weit mehr als 40 Prozent große Sorgen bezüglich der Verteilungsgerechtigkeit geäußert.

In der Liste der großen Sorgen findet sich weiter die soziale Absicherung – rund ein Drittel der Befragten äußert Bedenken, dass sich diese verschlechtern könnte, dieser Wert ist seit zehn Jahren weitgehend stabil.

Deutlich geringer sind die Sorgen, ob man seinen LebensStandard aufrechterhalten kann – solche Sorgen äußern 17 Prozent, 40 Prozent sind aber explizit ohne eine diesbezügliche Sorge. Auffallend ist, dass es vor allem erklärte FPÖ-Wähler sind, die sich um ihren LebensStandard sorgen; die Wähler von ÖVP und Grünen äußern da am seltensten Befürchtungen.

Freiheitliche Bedenkenträger

Ganz weit unten auf der Liste ist auch die Überlegung, "ob mein Arbeitsplatz sicher bleibt": Zwölf Prozent äußern große, 26 Prozent "etwas Sorge" – 62 Prozent sagen, dass sie da sorglos wären. Auch das liegt im langjährigen Schnitt, auch hier sind die Freiheitlichen deutlich mehr mit Sorgen beladen als der Rest der Bevölkerung.

Pfarrhofer: "Menschen, die allgemein verunsichert sind, neigen besonders stark der FPÖ zu. In der freiheitlichen Wählerschaft finden sich nur 31 Prozent Optimisten, das ist der niedrigste Wert. Aber man sieht das auch bei sehr persönlichen Fragen: In der österreichischen Bevölkerung machen sich nur acht Prozent große Sorgen, ob ihre Beziehung oder Ehe im Jahr 2020 glücklich verlaufen wird. Von denjenigen, die der FPÖ zuneigen, sagen das aber 14 Prozent." Überdurchschnittlich stark fürchten Freiheitliche, dass ihre demokratischen Rechte eingeschränkt werden könnten.

Welche politischen Forderungen ergeben sich nun aus dem Befund? DER STANDARD ließ dazu eine Liste von Themen abfragen und mit Schulnoten bewerten.

Die höchste Dringlichkeit wurde dabei der korrekten Besteuerung internationaler Konzerne zugemessen (Schulnote 1,58), besonders hohe Aufmerksamkeit bekommt dieses Thema von Grünen-Wählern und von der Wählerschaft der Neos.

An zweiter Stelle kommt leistbarer Wohnraum – überraschenderweise ist das eher für ältere als für jüngere Befragte ein Thema, ein besonderes Anliegen ist das für die Grünen-Wähler und Bewohner der Landeshauptstädte. Auch Verbesserungen beim Schulunterricht werden vor allem von Grünen eingemahnt, die steuerliche Entlastung von Arbeitseinkommen dagegen besonders von Sozialdemokraten und Neos-Wählern.

Kein Bedarf an neuen Straßen

Auch hier lohnt es, ans Ende der Tabelle zu schauen. Dort steht (mit der Durchschnittsnote 3,1) der Wunsch, dass Straßen ausgebaut werden sollten. Bei FPÖ- und ÖVP-Wählern gibt es für dieses Thema etwas bessere Noten, Grünen-Wähler vergeben aber mehrheitlich Vierer und Fünfer.

Sehr gering ist auch der Wunsch nach einem Ausbau des Internets – er kommt vor allem aus ländlichen Regionen – und nach Volksbefragungen und Volksabstimmungen. Diese sind vor allem FPÖ-Wählern und politisch Indifferenten ein Anliegen.

In einem letzten Fragenkomplex wurde untersucht, welche Erwartungen die österreichische Bevölkerung an das Jahr 2020 hat, womit sie also tatsächlich rechnet.

Fast drei Viertel der Wahlberechtigten rechnen damit, dass neue Ökosteuern eingeführt werden – was immer auch die Regierungsverhandler sagen. Diese Erwartung ist in allen Parteiwählerschaften gleich ausgeprägt, ältere Befragte rechnen damit etwas stärker als jüngere.

Nachfolger für Rendi-Wagner erwartet

Schon an zweiter Stelle steht die Aussicht, dass die SPÖ einen neuen Vorsitzenden bekommen könnte: Das glauben 69 Prozent der Wahlberechtigten, aber nur jede oder jeder Zweite aus dem Kreis der SPÖ-Wählerschaft.

43 Prozent glauben, dass die neue Regierung besser zusammenarbeiten wird als die vorige – das mag damit zusammenhängen, dass da an der wenig gestalterischen Regierung Bierlein Maß genommen wird. Bei einer Vergleichsumfrage vor zwei Jahren zum Start der türkis-blauen Regierung lautete der Wert jedenfalls 70 Prozent. (Conrad Seidl, 2.1.2020)