Regierungsprogramm Kapitel "Innere Sicherheit"

Das große Sorgenkind des Innenministeriums ist weiterhin das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Türkis-Grün will hier an der "umfassenden Neuaufstellung" der Dienstbehörde festhalten, um das "Vertrauen seitens der Bevölkerung und von Partnerdiensten" wiederherzustellen. Geplant ist, das BVT stärker in seine Einzelteile zu zerlegen, denn das Amt ist derzeit eine Mischung aus Polizeibehörde und Nachrichtendienst. Diese zwei Komponenten sollen nun deutlicher voneinander getrennt werden.

Auf das BVT kommt auch mehr Arbeit zu: Künftig sollen die jährlichen Extremismusberichte wiedereingeführt werden, das Regierungsprogramm verlangt auch explizit die "Wiederaufnahme der Beobachtung und Einschätzung rechtsextremer Burschenschaften". Außerdem soll die Politik das BVT besser kontrollieren können.

Ein großes Anliegen ist der türkis-grünen Regierung, die Situation von Polizisten zu verbessern. Eine Personaloffensive soll 2.300 zusätzliche Planstellen und 2.000 zusätzliche Ausbildungsstellen bringen. Bestehende Dienstschemata sollen auf "ihre Familienfreundlichkeit" geprüft werden. Die Polizei soll außerdem diverser werden, Mehrsprachigkeit "als Kriterium bei der Personalrekrutierung" einbezogen werden.

Auch die Ausbildung der Polizisten soll auf neue Beine gestellt werden. Statt der berittenen Polizei ist eine "Ausweitung der Fahrradpolizei in Ballungsräumen" geplant, ebenso eine "Ausweitung des Streifendienstes" zu Fuß. Außerdem sollen verstärkt Drohnen zum Einsatz kommen und die Versammlungsfreiheit gestärkt werden.

Behörde, um Polizeigewalt zu prüfen

Nicht jede Maßnahme dürfte der Exekutive schmecken: So wird eine eigene Behörde künftig Misshandlungsvorwürfe gegen Polizisten prüfen. Diese sollen "konsequent aufgeklärt" werden. Dazu kommt, dass Vernehmungsmethoden "verbessert" und beispielsweise mitgefilmt werden sollen.

Einen Fokus legt die türkis-grüne Koalition auf Cyberkriminalität. Im Innenministerium sollen künftig "Cyber Cops" zum Einsatz kommen und ein "staatliches Cybersicherheitszentrum" entstehen. Die türkis-blauen Pläne, Überwachungssoftware zum Einsatz zu bringen – Stichwort Bundestrojaner –, wurden zwar vom Verfassungsgerichtshof zu Fall gebracht. Türkis-Grün will hier aber an einer verfassungskonformen Alternative arbeiten. Wie diese aussehen könnte, war unter Experten bislang höchst bestritten.

Maßnahmen gegen politischen Islam

Im Bereich Extremismus sollen zahlreiche Reformen gesetzt werden. Diese richten sich meist gegen Rechtsextremismus und gegen den politischen Islam. So wird beispielsweise das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) gestärkt; gleichzeitig soll aber eine Dokumentationsstelle für politischen Islam entstehen. Künftig sollen Kultusgemeinden geschlossen werden können, wenn Behörden dort die Verbreitung von Terrorpropaganda feststellen können.

Auch Vereine, die "staatsfeindliches Gedankengut" verbreiten – hier wird explizit die rechtsextreme Identitäre Bewegung genannt – sollen mit neuen Maßnahmen "wirksam bekämpft" werden. Im Kapitel Migration findet sich außerdem die kontroverse Idee einer "Sicherungshaft", also eine Art von Präventivhaft, die "verfassungskonform" sein soll. Die Grünen hatten diese Idee in der Opposition scharf kritisiert. (Fabian Schmid, 2.1.2020)