Regierungsprogramm: Kapitel "Justiz"

Zuerst muss die Justiz am Leben gehalten werden: Diese sterbe einen "stillen Tod", warnte der derzeitige Justizminister Clemens Jabloner. Das Regierungsprogramm sieht daher klar eine Aufstockung der Ressourcen vor, etwa im Bereich der Dolmetscher. Aber die Justiz soll nicht nur überleben, sondern zur "Justiz 3.0" werden. Das heißt, dass der digitale Akt forciert wird; Akteneinsicht künftig also "orts- und zeitunabhängig" erfolgen kann. Außerdem soll die Justiz offener werden: leichter für Bürger erreichbar, diese sollen auch besser über ihre Rechte informiert werden.

Aber auch der Berufsstand soll durchlässiger werden, also etwa die Berufe des Richters oder des Staatsanwalts. Diese sollen künftig auch im "Umweltstrafrecht" ausgebildet werden. Hauptverhandlungen vor Gericht sollen audiovisuell aufgezeichnet werden, Verfahren deutlich kürzer dauern. Die türkis-grüne Regierung will außerdem die Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaften stärken. Diese "müssen unabhängig von Beeinflussungen arbeiten können", heißt es in dem Programm. Spannend ist, dass offenbar ein stärkeres Beweisverwertungsverbot geplant ist. Werden gewisse Maßnahmen wie Hausdurchsuchungen von einer höheren Instanz für illegal erklärt, müssten dann dadurch sichergestellte Beweise außer Acht gelassen werden.

Verbotsgesetz wird reformiert

Im Strafrecht ist vor allem ein Maßnahmenpaket gegen Menschenhandel, Zwangsprostitution und illegales Glücksspiel geplant. Auch das Verbotsgesetz wird reformiert, künftig ist auch die Teilleugnung des Holocaust strafbar – also beispielsweise die Behauptung, in bestimmten Konzentrationslagern hätten keine Morde stattgefunden. Außerdem sollen NS-Devotionalien auch unabhängig von einem strafrechtlichen Verfahren eingezogen werden können. Ein weiterer Fokus liegt auf dem Kampf gegen Cyberkriminalität und Hass im Netz.

Im Familienrecht wird ein "Maßnahmenpaket gegen Zwangsehe" evaluiert; angedacht ist die Anhebung des Ehealters auf 18 Jahre und das Verbot der Heirat unter Cousinen und Cousins. Im Bereich der Justizanstalten soll es zu einer Modernisierung kommen. Justizwachebeamte sollen besser geschützt werden. Eine Entlastung ermöglichen könnte die Ausweitung des Hausarrests sowie die "Forcierung auf Haft in der Heimat". Auch Resozialisierungsmaßnahmen sollen nur Häftlingen zugutekommen, deren Lebensmittelpunkt nach der Haft in Österreich liegt. Andere, die abgeschoben werden, sollen in "Übergangsabteilungen" verlegt werden. (Fabian Schmid, 2.1.2020)