Regierungsprogramm: Kapitel "Wohnen"

Dem Thema Wohnen sind im neuen Regierungsprogramm vier Seiten im Kapitel zur Justiz gewidmet. Zwischentitel lauten "Investitionsanreize für Sanierungen und Neubau", "Eigentumsbildung fördern", "Baulandmobilisierung" oder "Maklerprovisionen nach dem Bestellerprinzip". Genau dieser letzte Punkt könnte auch der sein, der als Erstes umgesetzt wird. Die Grünen sind schon länger für ein Bestellerprinzip, die ÖVP vollzog im vergangenen Wahlkampf einen Schwenk in diese Richtung. Vor der Wahl wurde einem Antrag der SPÖ nicht zugestimmt, nun wird wohl bald ein türkis-grüner Antrag dafür im Parlament landen. "Wie für gewöhnlich bei Dienstleistungen üblich, sollen die Kosten der Maklerin beziehungsweise des Maklers bei Vermittlung von Mietwohnungen von demjenigen übernommen werden, der den Auftrag gegeben hat", heißt es dazu, konkreter wird man nicht.

Äußerst vage gehalten sind auch zahlreiche weitere Punkte auf diesen vier Seiten des Regierungsprogramms. Das liegt nur bedingt daran, dass beim Wohnen großteils die Bundesländer das Sagen haben. Auch dort, wo der Bund noch bestimmt – beim Wohnrecht –, hält sich das Regierungsprogramm viel in der Möglichkeitsform auf.

Das große Versprechen

Dies aber immerhin mit riesigem Horizont. So will man beispielsweise "bis zum Ende der Legislaturperiode", das geplantermaßen 2024 sein soll, nicht etwa nur (wie die Vorgängerregierung) das Mietrecht, sondern gleich das gesamte Wohnrecht reformieren. Und zwar "unter Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern, Expertinnen und Experten, Ländern und Gemeinden, der Zivilgesellschaft, Kammern und Interessenvertretungen" im Rahmen parlamentarischer Instrumente wie Enqueten und Dialogforen. Im ganzen Wohnrecht – also Mietrechtsgesetz (MRG), Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG), Wohnungseigentumsgesetz (WEG), im ABGB und offenbar auch in den Wohnbaufördergesetzen der Länder – sollten damit "mehr sozialer Ausgleich, ökologische Effizienz sowie mehr Rechtssicherheit und Wirtschaftlichkeit" geschaffen werden. Man darf gespannt sein.

Was das MRG betrifft, finden sich dann noch ein paar Stehsätze im Programm, die de facto wortgleich in den meisten Regierungsprogrammen dieses Jahrtausends schon zu finden waren. Ein "transparentes, nachvollziehbares" Mietrecht ("für Mieterinnen und Mieter sowie Eigentümerinnen und Eigentümer") solle es geben, mit einer "transparenten Preisbildung, die zu einem leistbaren Mietpreis für die Mieterinnen und Mieter führt und die Wirtschaftlichkeit von Investitionen wie Neubau, Nachverdichtung, Instandhaltung und Sanierung sicherstellt". Halbwegs neue grüne Handschrift ist, dass das Mietrecht attraktiviert werden soll, "um Ökologisierung zu forcieren". Vorschläge für konkrete Maßnahmen erhofft man sich offenbar von der Zivilgesellschaft.

Viele Überschriften

Nur Überschriften liest man auch anderswo. "Vorrang von Nachverdichtung und Überbauung vor Versiegelung grüner Wiesen, Förderung von flächenoptimierten Bauweisen bei Neubauten", steht da etwa, und das ist zum einen fast wortidentisch schon im türkis-blauen Regierungsprogramm gestanden, zum anderen sind Raum- und Bauordnungen eben bekanntlich Ländersache, bei denen sich der Bund mit dem Umsetzen schwertut. Ein ihm noch verbliebener Hebel ist der Finanzausgleich, weshalb gleich mehrmals auf diesen verwiesen wird, zum ersten Mal schon ganz zu Beginn: Die bereits erwähnten "Investitionsanreize für Sanierungen und Neubau" sollen etwa "insbesondere auch durch Abschluss eines neuen Finanzausgleichs ab 2022" geschaffen werden, heißt es. Dadurch soll dann "Österreich in die Lage versetzt werden, europäischer Spitzenreiter bei Energieeffizienz und der Verwendung von ökologischen Baustoffen zu werden". Über "klimarelevante Maßnahmen in den Bauordnungen" will man dann mit den Bundesländern reden.

Klimaschutzmaßnahmen im Gebäudesektor

Konkreter wird man da schon im Klimaschutzkapitel des Regierungsprogramms. Dort ist von Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen im Gebäudesektor, einer neuen Sanierungsoffensive, der Weiterentwicklung der Wohnbauförderung unter besonderer Berücksichtigung der Klimaschutzziele sowie raumordnungsrelevanter Aspekte die Rede. "Langfristige und mit den Bundesländern koordinierte Förderoffensiven" sollen etwa die Sanierungsrate wieder auf den Zielwert von drei Prozent anheben, das Beratungsangebot soll ausgebaut werden, die Qualität von Gebäudesanierungen verbessert und im Neubau der Holzbau forciert werden. In den Bauvorschriften soll das Nullemissionsgebäude "Schritt für Schritt" zum Standard werden, und in Sachen Raumwärme wurde ein "Phase-out-Plan für fossile Energieträger" erstellt. Er sieht vor, dass im Neubau schon ab 2020, bei einem Heizkesseltausch ab 2021 auf Öl und Kohle verzichtet werden muss. Ab 2025 sollen dann außerdem alle noch bestehenden Kessel, die älter als 25 Jahre sind, getauscht werden müssen (alle anderen spätestens 2035). Analog dazu soll es außerdem ab 2025 im Neubau auch keine Gaskessel mehr geben.

E-Tankstellen-Offensive

"Anschluss- beziehungsweise Lademöglichkeiten für batterieelektrische Fahrzeuge sind bei allen Neubauten vorzusehen", heißt es im Klimaschutzkapitel außerdem. In Bestandsgebäuden seien die rechtlichen Rahmenbedingungen so zu gestalten, "dass entsprechende Nachrüstungen leicht erfolgen können".

Da muss dann beispielsweise ins Wohnungseigentumsgesetz (WEG) eingegriffen werden, und diesbezüglich wird man wieder im Unterkapitel "Wohnen" des Regierungsprogramms etwas konkreter. Einzelne Eigentümer sollen Verbesserungen wie Elektro-Tankstellen ("Right to Plug") oder eine Photovoltaik-Anlage leichter durchsetzen können. Maßnahmen zur Dekarbonisierung sollen im WEG künftig außerdem nicht mehr unter "Verbesserung", sondern unter "Erhaltung" laufen.

Ansparmodelle bei Mietkauf

Ein paar Absätze sind auch wieder der Förderung von Wohnungseigentum, traditionell ein wichtiges Thema für die ÖVP, gewidmet. Demnach soll der Mietkauf im geförderten Wohnbau weiter attraktiviert werden. Ein "Ansparmodell" soll ausgearbeitet werden.

Das Instrument des Baurechts soll "attraktiver gestaltet" werden, die Instrumente der Vertragsraumordnung (befristetes Bauland et cetera) sollen "explizit" verfassungsrechtlich abgesichert werden, so lauten weitere Punkte im Wohnprogramm der türkis-grünen Regierung. Und gleich mehrmals findet sich im Regierungsprogramm auch der Hinweis, dass die Einnahmen und Rückflüsse der Wohnbauförderung von den Ländern wieder zweckgewidmet für den Wohnbau verwendet werden sollen. Darauf will die Regierung "im Rahmen des Finanzausgleichs Einfluss nehmen", wie es heißt. (Martin Putschögl, 2.1.2020)