Dem Ex-Nissan-Chef Carlos Ghosn werden in Japan Finanzdelikte vorgeworfen.

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Yokohama – Nach der spektakulären Flucht des ehemaligen Renault- und Nissan-Chefs Carlos Ghosn sickern immer mehr Details durch. Die Nachrichtenagentur Reuters erfuhr am Samstag von drei mit der Angelegenheit vertrauten Personen, dass Ghosn seine Wohnung in Tokio verlassen habe, nachdem eine private Sicherheitsfirma die Überwachung des früheren Spitzenmanagers eingestellt habe.

Die Firma sei von Ghosns früherem Arbeitgeber Nissan beauftragt worden. Ihre Aufgabe sei es gewesen herauszufinden, ob Ghosn Personen trifft, die mit den gegen ihn gerichteten Vorwürfen in Zusammenhang stehen.

Die japanische Regierung hat nun eine ausführliche Untersuchung der Flucht des ehemaligen Renault- und Nissan-Chefs Carlos Ghosn angekündigt. In einer ersten Reaktion auf den spektakulären Vorfall gab Justizministerin Masako Mori zugleich eine Verschärfung von Ausreiseverfahren bekannt. Damit habe sie die zuständigen Behörden beauftragt.

Nach Moris Worten gibt es keine Aufzeichnungen von Ghosns Abreise aus Japan. Diese sei "ganz offenkundig illegal". Die Regierung in Tokio habe eine internationale Anfrage zur Verhaftung Ghosns gestellt

Millionen-Kaution

Ghosn steht in Japan wegen Untreue und finanziellen Fehlverhaltens beim Renault-Partner Nissan unter Anklage. Er war im vergangenen Frühjahr gegen eine Millionen-Kaution aus der Untersuchungshaft entlassen worden und wurde während seines Hausarrests streng überwacht. Dennoch konnte Ghosn, der neben der französischen und brasilianischen auch die libanesische Staatsangehörigkeit besitzt, nach Beirut fliehen. Wie genau ihm das gelang, ist bisher nicht klar. Ghosn hat dazu für Mittwoch eine öffentliche Erklärung angekündigt.

Die drei Insider führten nun aus, Ghosns Anwälte hätten die von Nissan beauftragte Sicherheitsfirma aufgefordert, die Überwachung zu beenden. Sie warfen ihr demnach einen Verstoß gegen Ghosns Menschenrechte vor. Der ehemalige Manager habe eine Klage gegen die Firma geplant. Daraufhin sei die Überwachung am 29. Dezember beendet worden. Am 31. Dezember hatte Ghosn seine Flucht in den Libanon bekanntgemacht. (APA, 5.1.2020)